Theresa verbringt ihren Schüleraustausch in Costa Rica und lernt täglich, wie anders verschiedene Aspekte dort gehandhabt werden.

Ein Aspekt ist ihre sexuelle Orientierung – genau darum soll es in diesem Blogbeitrag gehen; um Ticas und Ticos, die Teil der LGBTQIA+ Community sind. Aber wer gehört da überhaupt alles dazu? Die Abkürzung wird aus den englischen Wörtern „lesbian“, „gay“, „bisexual“, „transgender“, „queer“, „intersexual“ und „asexual“ gebildet, womit alle lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgeschlechtlichen, intersexuellen, asexuellen und queeren Personen  eingeschlossen sind.

¡Buenos días, pura vida! Mein Name ist Theresa, ich bin 17 Jahre alt und verbringe mein Auslandshalbjahr in Costa Rica.

LGBTQIA+ im SchüleraustauschVielfalt in Costa Rica

„¡Pura vida!“ sagt man hier zu sehr vielen Gelegenheiten, ob als Gruß, Dankeschön oder einfach so aus Lust und Laune. Übersetzt bedeutet es soviel wie „Pures Leben!“ und ich finde, das trifft die Mentalität der Ticas und Ticos – wie sich die Costa-Ricaner*innen selbst nennen – auf den Punkt.

Es geht darum im Moment zu leben und ihn zu genießen. Genau das habe auch ich seit meiner Ankunft hier vor etwa zweieinhalb Monaten gemacht und bin dabei von Pazifik- bis Atlantikküste schon viel herumgekommen.

Dabei hat mich vor allem die Vielfalt, die dieses Land zu bieten hat, begeistert. Von der Natur über die Kunst bis hin zu den Menschen selbst steckt sie in allem. Hierbei finde ich besonders den letzten Bereich sehr interessant, denn Menschen können auf sehr vielfältige Weise vielfältig sein. Zwei Aspekte sind ihre sexuelle Orientierung und ihre Geschlechtsidentität – genau darum soll es nämlich in meinen Blogbeiträgen gehen; um Ticas und Ticos, die Teil der LGBTQIA+ Community sind.

Wer gehört zur LGBTQIA+ Community?

Aber wer gehört da überhaupt alles dazu? Die Abkürzung wird aus den englischen Wörtern „lesbian“, „gay“, „transgender“, „queer“, „intersexual“ und „asexual“ gebildet, womit alle lesbischen, schwulen, transgeschlechtlichen, intersexuellen, asexuellen und queeren Personen  eingeschlossen sind.

Das Plus steht für alle Label, die nicht aufgezählt werden und dafür, dass sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität fluide sind und sich auch innerhalb des Lebens ändern können.

In Costa Rica eher ein Tabuthema

Dieses Thema ist wichtig, da es queere Menschen auf der ganzen Welt gibt, aber ihre Lebensrealitäten sich oft stark unterscheiden. Hier in Costa Rica sind Themen wie Sexualität und Geschlecht generell eher tabu. Das hat unter Anderem damit zu tun, dass hier der Großteil der Bevölkerung katholisch ist und es als unmoralisch gilt, über solche Dinge offen zu sprechen.

Meine Spanischlehrerin hat mir dazu anvertraut, dass „eigentlich jeder irgendwo einen homosexuellen Cousin habe, aber außerhalb des privaten Raums einfach nicht darüber gesprochen werde“. Deswegen erhält die queere Community hier so gut wie keine Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit.

Auf dem Weg zum costa-ricanischen Rewe-Äquivalent Palí einer Regenbogenflagge über den Weg zu laufen, wäre hier undenkbar. Auch so etwas, wie einen Christopher Street Day gibt es in Costa Rica nicht und die meisten wissen nicht einmal, worum es sich dabei handelt. An diese durchaus andere Art der Handhabung des Themas LGBTQIA+, als die, die ich aus Deutschland kenne, musste ich mich erst gewöhnen, was aber kein allzu großes Problem darstellte.

LGBTQIA+ in der Schule

Wo die Umgewöhnung schon schwerer fiel, war hingegen die Situation in der Schule. Im Sexualkundeunterricht wird das Thema LGBTQIA+ nämlich nicht behandelt, was dazu führt, dass viele der Jugendlichen keine Chance haben, die Sensibilität, die dem Thema anlangt, richtig zu verstehen.

Dies wiederum hat zur Folge, dass Worte wie „playo“ oder „pájaro“ (wörtlich übersetzt: Vogel), die beide in abwertender Weise homosexuelle Männer bezeichnen, so häufig verwendet werden wie das deutsche Wort „digga“. Das gilt auch für rassistische Begriffe und Nazisymbolik. Die Lehrer*innen machen sich hier häufig mit über die „diversas“ lustig.

Situationen meiner Freund*innen

Wie bereits erwähnt war und ist es für mich persönlich immer noch schwierig mit derartigen Situationen umzugehen, vor allem da mein bester Freund hier, nennen wir ihn hier Vincent, schwul ist. Während ich diesen Umgangston als diskriminierend aufnehme, so ist er für ihn nichts weiter als Normalität.

Deswegen ist es umso schöner, dass unsere Freundesgruppe zu Vincents „safe space “ geworden ist. Sein Partner hat sich nämlich vor Kurzem von ihm getrennt und dementsprechend ist gerade eine schwere Zeit für ihn. In solchen Lebenslagen unterstützt man sich gegenseitig und muntert auf, denn jeder weiß, wie sehr Liebeskummer weh tut.

Vor allem im Fall meines besten Freundes, da seine Beziehung schon viele Monate ging und sein Freund kurz davor war, seine Eltern kennenzulernen. Diese unterstützen Vincent, was eine Sache ist, die wie in Deutschland auch, nicht auf jeden Jugendlichen zutrifft.

Eine andere Freundin zum Beispiel, nennen wir sie hier Rachel, hat sich vor einiger Zeit in ein Mädchen verliebt. Nach ein paar Treffen stellte sich heraus, dass ihre Gefühle erwidert werden, also eigentlich ein absoluter Grund zur Freude. Doch für meine Freundin wurde diese Freude durch das Bewusstsein zerstört, dass ihre Eltern homofeindlich sind, also Homosexualität strikt ablehnen.

Deshalb war klar, dass mehr als geheime Treffen niemals möglich sein werden. Da Rachels Date sich aber eigentlich eine feste Beziehung wünschte, ist diese Liebe schließlich geendet, ohne das sie jemals richtig beginnen konnte. Als ich davon das erste Mal gehört habe, hat mich ihr Schicksal sehr traurig gemacht.

Umbruch beim Thema LGBTQIA+

Ich habe aber auch erkannt, dass diese zwei gegensätzlichen Beispiele von Vincents und Rachels Eltern den „Umbruch“, der in Costa Rica im Bezug auf Queerness stattfindet, sehr gut zeigen.

Denn mit der Zeit entwickelt sich das Thema LGBTQIA+ immer mehr weg von dem absoluten Tabu, das es einmal war. Es ist wichtig zu betonen, dass alles, von dem ich bisher berichtet habe, mehr als nur eine „schwarze“ und eine „weiße“ Seite hat.

Klar, der Umgangston der  Jugendlichen ist jetzt nicht genau das, was man sich unter sensibel vorstellt. Aber das bedeutet ganz und gar nicht, dass generell keine Offenheit für queere Menschen besteht.

Auch Social Media trägt zu mehr Toleranz bei

In der Tat ist die bei Gen Z nämlich am größten. Das liegt vor allem daran, dass sie durch das Internet erstmalig die Möglichkeit haben, sich außerhalb der Schule zu Themen wie Sexualität und Geschlecht zu informieren. Auch über die sozialen Medien kommt man mit LGBTQIA+ öfter in Berührung, was zusätzlich zur Normalisierung beiträgt. An Vincents Eltern sieht man zudem, dass die Entwicklung hin zu mehr Toleranz auch in den älteren Generationen stattfindet.

In Costa Rica wurde sogar 2020 als dem ersten mittelamerikanischen Land überhaupt die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert.

Fazit zu LGBTQIA+ im Schüleraustausch

Zusammenfassend kann man also sagen, dass die hier stattfindende Veränderung für queere Menschen insgesamt sehr positiv ist. Es gibt auf diesem Weg noch einiges, was vor uns liegt, aber es ist auch schon viel erreicht worden. Vor diesem Hintergrund freue ich mich besonders auf die zweite Hälfte meines Aufenthalts hier und hoffe, auch weiterhin viel über das Land und seine Menschen zu lernen.

 

 

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