Museumsprojekt in Ecuador – Meine Erfahrungen im Freiwilligendienst weltwĂ€rts
Elena absolviert mit weltwÀrts einen geförderten Freiwilligendienst in Ecuador und arbeitet an einem Museumsprojekt in Ecuador. Sie berichtet hier von ihren bereits gesammelten Erfahrungen auf der Arbeit und in ihrem Privatleben.
Museumsprojekt
Mein Projekt ist fĂŒr mich ein sehr komplexes Thema. Ich kam mit einer Mischung aus verschiedenen GefĂŒhlen an. Denn erst kurz vor meiner Abreise erfuhr ich, dass ich, statt in einem kleinen, ruhigen Dorf an der KĂŒste, plötzlich fĂŒr ein Jahr in der quirligen Hauptstadt Quito leben wĂŒrde und dass ich, statt in einer Schule, in einem Museum mit dem Thema Wasser arbeiten wĂŒrde.
NatĂŒrlich wusste ich, dass es fĂŒr all das einen guten Grund gab, trotzdem war es zunĂ€chst schwer zu akzeptieren, da ich mehr als ein halbes Jahr lang etwas völlig anderes erwartet hatte. Es war fĂŒr mich wie eine Flucht ins Ungewisse, da ich nicht wirklich wusste, was mich erwartet. Ich konnte mir auch nicht wirklich vorstellen, was und wie genau meine Arbeit im Museum aussehen wĂŒrde.
Am letzten Tag unseres Vorbereitungsseminars in Ecuador Ă€nderte sich die ganze Sache zum zweiten Mal komplett. An diesem Tag hatten wir ein Treffen mit unseren zukĂŒnftigen âChefsâ.
Doch anstelle der Mitarbeiter*innen des Wassermuseums kamen drei Mitarbeiter*innen der âFundacion de Museos de la Ciudadâ zu mir. Von ihnen erfuhr ich dann, dass ich nicht nur im Wassermuseum arbeiten wĂŒrde, sondern in allen fĂŒnf Museen, die zur âFundacion de Museos de la Ciudadâ gehören. Dazu gehören das Museo de la Ciudad, Museo Carmen Alto, Yaku Museo de la Agua, Centro de Arte Contemporaneo und das Museo Interactivo de Ciencia.
Man teilte mir mit, dass ich etwa alle zwei Monate zwischen den Museen wechseln wĂŒrde und dass die Aufgaben von den BedĂŒrfnissen der einzelnen Museen abhĂ€ngen und daher immer unterschiedlich sein wĂŒrden.
Ăber diese Information habe ich mich in dem Moment sehr gefreut, da ich dadurch (hoffentlich) die unglaubliche Möglichkeit habe, Einblicke in viele verschiedene Bereiche zu bekommen und es sehr abwechslungsreich sein wird.
Meine bisherige Projektzeit lÀsst sich in mehrere Teile gliedern:
Stiftung
Die erste Woche verbrachte ich nicht in einem Museum, sondern in der Stiftung – genauer gesagt in der Marketingabteilung. Meine Aufgabe war es, âverdeckte Besucheâ in allen fĂŒnf Museen zu machen. Nach jedem Besuch sollte ich ein Dokument verfassen, in dem ich dokumentierte, wie der Besuch ablief, aber vor allem, wie der Besuch fĂŒr einen Touristen, der kein Spanisch spricht, ablief: wie gut man sich zurechtfinden kann, wie verstĂ€ndlich es ist und so weiter.
Ich fĂŒr meinen Teil fand diese Aufgabe sehr spannend und fand es toll, einen kleinen Einblick in alle Museen zu bekommen. In der Stiftung wurde mir auch viel zu lesen gegeben: Ich sollte mir einen groben Ăberblick ĂŒber alle Museen und die jeweiligen Themen, die dort behandelt werden, verschaffen.
Museo de la Ciudad: Phase 1
Das erste Museum, dem ich zugewiesen wurde, war das Museo de la Ciudad (Stadtmuseum). Mein Aufenthalt hier lĂ€sst sich in mehrere Phasen einteilen. Die erste Phase wĂŒrde ich als die Lernphase bezeichnen. Ich selbst konnte am Anfang natĂŒrlich keine groĂe Hilfe sein, da ich auf die Hilfe des Personals angewiesen war. Bevor ich wirklich mit der Arbeit im Museum angefangen habe, musste ich natĂŒrlich erst einmal das Museum kennenlernen. Also habe ich viele FĂŒhrungen im Museum begleitet und aufmerksam zugehört.
Viele RĂ€ume waren wegen Renovierungsarbeiten fĂŒr mehrere Monate geschlossen, weshalb ich auch âpersönlicheâ FĂŒhrungen und viele, viele gute und hilfreiche ErklĂ€rungen erhielt.
Wir haben auch eine eigene Museumsbibliothek, in der ich einige BĂŒcher zum Durchlesen bekam. Dies und ein Besuch in einem anderen historischen Museum sollten mir einen besseren Ăberblick ĂŒber die Geschichte Ecuadors geben.
Museo de la Ciudad: Phase 2
Nach der ersten Phase, in der ich mit dem Museum und der Geschichte Ecuadors viel besser vertraut war, konnte ich anfangen, einige Aufgaben zu ĂŒbernehmen und weiterzulernen.
Zum Beispiel erhĂ€lt jede*r Besucher*in, der/die das Museum ohne FĂŒhrung besucht, am Eingang eine kurze EinfĂŒhrung und ErklĂ€rung des Museums.
Zuerst habe ich mir das ein paar Mal angehört und dann selbst gemacht – sowohl auf Englisch als auch auf Spanisch. Allerdings mache ich das hauptsĂ€chlich auf Englisch, da die anderen Mitarbeiter*innen kaum Englisch sprechen und ich ihnen so eine groĂe Last abnehmen kann.
Mein Spanisch verbesserte sich allmĂ€hlich, sodass es sinnvoll war, mit den ersten Ăbersetzungen zu beginnen.
Das gesamte Museum ist auf Spanisch, also hatte ich viel zu tun. Die ersten Ăbersetzungen habe ich mit einer Mitarbeiterin gemacht, die sehr gut Englisch spricht. Nach einer Weile wurde mir diese Aufgabe jedoch allein anvertraut.
NatĂŒrlich ist es sehr schwierig, fĂŒr viele Wörter eine passende Ăbersetzung zu finden, da es sie nur im ecuadorianischen Spanisch gibt. Im GroĂen und Ganzen hat mir diese Aufgabe aber sehr viel SpaĂ gemacht, da ich auch selbst viel gelernt habe und sich mein Spanisch dadurch sehr schnell verbessert hat.
Ich ĂŒbernehme aber auch andere Aufgaben nach Bedarf. Zum Beispiel unterstĂŒtze ich viele Veranstaltungen in unserem Museum, von denen viele regelmĂ€Ăig stattfinden. Ich helfe bei handwerklichen TĂ€tigkeiten, die fĂŒr bestimmte Ausstellungen notwendig sind, oder habe auch schon ein wenig bei den Restaurierungsarbeiten geholfen. Wenn englische FĂŒhrungen stattfinden, begleite ich diese und fungiere als Ăbersetzerin, wenn den Mitarbeiter*innen englische Vokabeln fehlen oder sie ein paar ausfĂŒhrlichere ErklĂ€rungen auf Englisch benötigen.
Museo de la Ciudad: Zusammenfassung
Ende Dezember/Anfang Januar verlasse ich das Museo de la Ciudad und beginne im Museo Carmen Alto.
Einerseits bin ich schon sehr gespannt auf das, was mich im nĂ€chsten Museum erwartet, und freue mich darauf, wieder viel Neues zu lernen. Auf der anderen Seite fĂ€llt es mir natĂŒrlich schwer, das jetzige Museum zu verlassen, da ich die Zeit dort sehr genossen habe und mir die Mitarbeiter*innen sehr ans Herz gewachsen sind.
Es war auch sehr aufregend, die Wiedereröffnung der so lange restaurierten RĂ€ume zu erleben. Trotz all dem ĂŒberwiegt die Aufregung eindeutig, denn ich liebe es, neue Dinge zu lernen!
Gastfamilie
Ich wohne bei einem etwas Ă€lteren Ehepaar namens Carlos und Yolanda. Ich habe ein eigenes Zimmer und ein eigenes Bad, was fĂŒr mich unglaublich gut ist, um meine PrivatsphĂ€re zu bewahren.
Vor allem zu Yolanda habe ich eine sehr enge Beziehung. Ich kann mich wirklich gut mit ihr unterhalten, und sie hört mir unglaublich aufmerksam zu und ist sehr interessiert an dem, was ich zu sagen habe.
Das Essen von Yolanda ist SEHR lecker. Die Tatsache, dass sie Kolumbianerin ist, fĂŒhrt dazu, dass sie auch viele leckere kolumbianische Gerichte macht! Aber ich bringe ihnen auch gerne neue Dinge aus meinem Haushalt und meiner Familie in Deutschland bei, deshalb koche und backe ich gerne viel fĂŒr uns.
Das Einzige, was manchmal etwas schwierig ist, ist die Menge des Essens, denn Yolanda will mir immer sehr viel geben, aber so viel schaffe ich nicht. Aber ich denke, es ist besser, zu viel zu haben als zu wenig! Sie ist immer sehr groĂzĂŒgig mit dem Essen, der Vielfalt der Gerichte, dem Obst und achtet immer darauf, dass meine BedĂŒrfnisse erfĂŒllt werden.
Das Besondere an meinen Gasteltern ist, dass sie Pastor*innen sind. Jeden Tag, auĂer freitags, finden Gottesdienste statt, und zwar in unserem Haus selbst, dessen Wohnzimmer der Ort fĂŒr die Gottesdienste ist. TatsĂ€chlich haben die Gottesdienste auch dazu beigetragen, mein Spanisch zu verbessern. Von Zeit zu Zeit helfe ich auch aus, indem ich Yolanda auf dem Klavier begleite.
Im Allgemeinen kann ich mich damit nicht wirklich identifizieren, aber nach einer Weile habe ich mein Gleichgewicht gefunden. Manchmal ist es ein bisschen schwierig fĂŒr mich, aber damit kann ich leben, denn Yolanda ist die liebste Gastmutter der Welt. AuĂerdem gibt es so viele andere Dinge, die viel wichtiger sind.
Sprache
Bevor ich in Ecuador ankam, konnte ich kaum Spanisch, abgesehen von ein paar Wörtern/SĂ€tzen, die ich in ein paar Duolingo-Einheiten gelernt hatte…
In den ersten zwei Wochen war ich auch sehr unsicher, weil ich kaum etwas verstand. Ich wollte aber auch nicht nach der Bedeutung jedes Wortes fragen, sodass ich meine Gastfamilie kaum verstand.
Jedoch haben wir sieben Spanischeinheiten von der EIL bekommen. Ich weiĂ nicht, warum, aber irgendwie landete ich in der Gruppe fĂŒr Fortgeschrittene statt in der Gruppe fĂŒr AnfĂ€nger*innen.
Anstatt zu wechseln, sah ich es als persönliche Herausforderung an. Und tatsÀchlich habe ich mir schnell ein gutes Fundament in Spanisch erarbeitet.
Ich habe auch weiterhin Vokabeln geĂŒbt und mir privat spanische Podcasts angehört. Aber am meisten hat mir meine Gastmutter geholfen. Ich spreche jeden Tag viel mit ihr. Von Anfang an habe ich keinen Ăbersetzer benutzt. Wenn ich ein Wort nicht kannte, habe ich versucht, es zu umschreiben oder pantomimisch darzustellen, was ich meinte.
So konnte ich mein Spanisch schnell verbessern und lerne jeden Tag weiter. NatĂŒrlich ist mein jetziges Spanisch noch lange nicht perfekt, aber ich versuche immer, mich zu verbessern, und ich kann mich bereits ohne Probleme verstĂ€ndigen.
Freizeit
Ich habe schon einige Orte in Ecuador gesehen, die ich schön fand. Aber man kann auch wunderbare Momente erleben, ohne zu verreisen: Ich liebe es zum Beispiel, am Wochenende in den Carolina-Park zu gehen und dort an sehr gĂŒnstigen Salsa/Bachata-Kursen teilzunehmen und anschlieĂend mit der Tanzgruppe frei zu tanzen.
AuĂerdem habe ich hier durch meine Gastfamilie eine sehr gute ecuadorianische Freundin kennengelernt, der ich gerne verschiedene Backrezepte beibringe.
Ich habe auch andere Bekanntschaften mit Einheimischen gemacht, hauptsÀchlich durch Zufall. Ich verbringe sehr gerne Zeit mit Einheimischen, da ich den kulturellen Austausch mit Gleichaltrigen noch intensiver und interessanter finde.
Es bedeutet auch, dass ich mich nicht in meiner âFreiwilligenblaseâ verliere, sondern stĂ€ndig dazu lerne und mein Spanisch verbessere.
Es ist aber auch schön, nach der Arbeit mit meiner Mitfreiwilligen Lotte spazieren zu gehen, um gemeinsam ĂŒber alles nachzudenken oder sich einfach ĂŒber ein paar Dinge (wie ecuadorianische UnpĂŒnktlichkeit, haha) aufzuregen.
Herausforderungen
Am Anfang war es schwer fĂŒr mich zu akzeptieren, dass ich in einer GroĂstadt lebe, die ich mir vorher ganz anders vorgestellt hatte. Die gröĂte Herausforderung war die Sprache. Wie ich damit umgegangen bin, habe ich oben schon beschrieben.
NatĂŒrlich gab es auch einige andere kulturelle Herausforderungen fĂŒr mich. Zum Beispiel war es fĂŒr mich am Anfang sehr ungewohnt, dass meine Gastfamilie mittags eine groĂe Portion und abends gar nichts gegessen hat. Ich bin aber ĂŒberzeugt, dass man sich einfach an alles gewöhnen muss. Ich wĂŒrde mich auch als anpassungsfĂ€hig bezeichnen, deshalb habe ich mich inzwischen daran gewöhnt.
Ich habe auch einen relativ langen Arbeitsweg (1 Stunde), aber daran habe ich mich inzwischen auch gewöhnt.
Ich nutze die Zeit im Bus hauptsĂ€chlich, um in mein Tagebuch zu schreiben oder neue Vokabeln zu lernen. Eine aktuelle Herausforderung ist das Stromproblem in Ecuador. Am Anfang war es sehr ungewohnt und manchmal etwas schwierig, im Dunkeln ĂŒberhaupt kein Licht zu haben. Mittlerweile habe ich mich aber auch daran gewöhnt und gehe zum Beispiel einfach frĂŒher ins Bett.
Das Ganze lĂ€sst sich auch positiv fĂŒr lange, ausfĂŒhrliche GesprĂ€che im Dunkeln mit der Gastfamilie nutzen, was ich sehr genieĂe. Ich habe so viel ĂŒber die Vergangenheit meiner Gastfamilie gelernt. Ich bin optimistisch, dass sich die Situation bestimmt (und hoffentlich) bald bessern wird.
NatĂŒrlich hat man von Zeit zu Zeit mit Heimweh zu kĂ€mpfen. Aber das ist auch normal und macht einen nur stĂ€rker. Generell komme ich hier im Alltag mit viel weniger Dingen aus und lerne, genĂŒgsamer zu sein.
Das hat meinen Blick auf viele Dinge im Alltag verĂ€ndert und mir gezeigt, wie verschwenderisch ich in meiner Vergangenheit in Deutschland mit vielen Dingen umgegangen bin. Das ist extrem gut fĂŒr mich und meine Lebenseinstellung!
Ich liebe auch, wie viel positive Energie meine Gastmutter ausstrahlt und mir beibringt, wie viel positiver man das Leben leben kann!
Eine andere Sache, die mich ein wenig beunruhigt, ist das extreme âCatcallingâ auf der StraĂe. Man wird auf der StraĂe/im Bus oder sonst wo viel extremer angesprochen als in Deutschland, und manchmal werden oberflĂ€chliche sexistische Kommentare gemacht. Leider ist man hier wie ein schwarzes Schaf in der Herde. Am Anfang war es fĂŒr mich sehr unangenehm, aber so traurig es auch klingt, ich habe mich inzwischen daran gewöhnt bzw. musste mich daran gewöhnen.
Fazit
Alles in allem bin ich mit allem sehr zufrieden! Ich bin unendlich dankbar fĂŒr mein fantastisches und einzigartiges Projekt und, trotz einiger kleinerer Schwierigkeiten, auch fĂŒr meine Gastfamilie.
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