Gastfamilie sein – was bedeutet das eigentlich? Und wie ist es, nicht nur einen Gast aufzunehmen, sondern gleich 3 Schülerinnen auf einmal ein Zuhause auf Zeit zu bieten? Familie Behnke berichtet von ihren Erfahrungen als Gastfamilie und erzählt, wie es dazu kam, dass sie 2022 zur Dreifach-Gastfamilie wurden:

Die Idee entsteht …

Als unser Sohn Simon sich Anfang Dezember 2021 überlegt hat, dass er gerne ein Schuljahr im Ausland verbringen möchte, haben wir uns auf die Suche nach einer geeigneten Organisation gemacht. Ein Freund erzählte uns, dass er in seiner Schulzeit einen Austausch über Experiment gemacht hatte und damit sehr zufrieden war.

Wir haben uns dann die Homepage von Experiment angeschaut und waren sofort begeistert. Man spürte einfach direkt, dass es hier nicht darum geht, möglichst viel Gewinn mit den Wünschen der Schüler*innen zu erzielen, sondern dass es dem Team am Herzen liegt, den Teilnehmer*innen eine unvergessliche Zeit zu schenken!

Martina aus Italien zieht ein

Beim Durchstöbern der Seite sind wir dann auch bei den aktuellen Gesuchen gelandet. Dort gab es zu diesem Zeitpunkt nur ein Video: Martina aus Italien suchte eine neue Gastfamilie. Wir wussten sofort, dass wir ihr unser Gästezimmer anbieten würden. Noch am selben Abend haben wir den Anmeldebogen für Gastfamilien ausgefüllt.

Und tatsächlich war Martina etwa eine Woche später dann auch schon bei uns. Eine wunderschöne Zeit als Gastfamilie begann.

Natürlich lief nicht alles von Anfang an so rund, wie man sich das vorstellt. Wir mussten Regeln erklären, uns gegenseitig kennenlernen, uns aufeinander einstellen. Die erste Zeit war sofort sehr intensiv für uns, weil Martina direkt vor den Weihnachtsferien zu uns kam und wir viel gemeinsame, freie Zeit miteinander verbringen konnten.

Wir haben zu Beginn sehr viel gespielt, überwiegend Skyjo, weil man dazu nicht viel Sprache braucht. Das hat auf jeden Fall das Eis gebrochen. Schon nach wenigen Tagen hatten wir Insider Sprüche, über die wir gelacht haben, hatten Rituale entwickelt, die uns den Alltag erleichtern konnten, gingen entspannt miteinander um, haben einen Trip nach Berlin geplant und uns als Familie gefühlt.

Aus Gast wird Familienmitglied Zum 1. Mal Gastfamilie sein

Allgemein würde ich sagen, dass ein großer Schritt auf dem Weg zur glücklichen Gastfamilie der Moment ist, wenn man den Gast nicht mehr als Gast, sondern als Familienmitglied sieht. Das erleichtert so vieles und lässt alle Beteiligten aufatmen. Unsere Zeit mit Martina haben wir sehr genossen!

Wir alle haben viel gelernt und sind an der neuen Situation gewachsen. Unseren Kindern konnten wir vermitteln, dass wir ein offenes Haus haben wollen, dass wir Menschen so akzeptieren, wie sie sind, und dass wir von allem mehr als genug haben, sodass wir teilen und andere an unserem Leben teilhaben lassen können. Das war eine tolle Möglichkeit für uns als Eltern.

Als wir Martina dann nach einem halben Jahr zum Bahnhof gefahren haben, fiel uns der Abschied sehr schwer. Auf der Fahrt ließen wir die Zeit noch einmal Revue passieren und als absolutes Highlight nannte Martina die Hochzeit, auf der wir gemeinsam waren.

Nicht die Fahrt nach Berlin war ihr Highlight, nicht die Museen, Städte, Sightseeing. Es war der Tag, an dem wir als Familie zusammen gefeiert, getanzt und gelacht haben. Das hat uns sehr gefreut!

Zum 2. Mal Gastfamilie sein

Warum wir diesen Beitrag schreiben? Tja, das hat vermutlich eher mit der Zeit nach Martina zu tun!

Fangen wir mal im Frühjahr 2022 an. Da war Martina noch bei uns, Simon hatte seine Zusage für den Austausch nach Irland bekommen und wir waren sehr sicher, dass wir im nächsten Schuljahr wieder Gastfamilie sein wollten.

Mit unserer ehrenamtlichen Betreuerin sprachen wir über mögliche Kandidat*innen und entschieden uns für Claudia aus Italien. Wir schrieben erste E-Mails und freuten uns auf ihren Besuch.

Simon hingegen wartete und wartete auf die Zuteilung seiner Gastfamilie. Nach ein paar Wochen wurde uns bewusst, dass ja so wie Simon auch noch viele Schüler*innen darauf warteten, Gastfamilien in Deutschland zu finden.

Wir sprachen noch mal in der Familie darüber und entschieden uns, ein zweites Mädchen aufzunehmen. Schnell fiel die Wahl auf Dea aus Serbien. Damit war dann klar, dass Simons Bett also auch neu besetzt war. So würde es auf jeden Fall nicht langweilig werden zu Hause.

Die Vorfreude stieg täglich und auch Simon bekam bald die Nachricht, dass eine Familie für ihn gefunden wurde.

3 Gastkinder auf einmal

Etwa 3 Tage nachdem unser Sohn abgereist war und damit 5 Tage bevor Claudia und Dea anreisen wollten, kam eine E-Mail über den Experiment-Verteiler. Ein Mädchen aus dem Parlamentarischen Patenschaftsprogramm suchte dringend eine neue Gastfamilie.

Wir guckten ihr Video an, sprachen mit unserer Tochter, informierten Experiment und besorgten ein neues Bett. So teilten dann kurze Zeit später unsere Tochter Clara und Grace aus North Carolina ein Zimmer. Im Nachhinein sind wir sehr froh darüber, dass Grace in diese zunächst nicht so angenehme Situation kam. Das Dreiergespann ist genauso perfekt, wie es jetzt ist!

Nun sind wir also gerade stolze Eltern von 5 Mädchen, zwei eigenen und drei Gastschülerinnen! Experiment nennt es ein Triple Placement, was ein ziemlich technischer Begriff für so viel Leben ist. Es ist selten ruhig in unserem Haus, die Tage starten früh und enden spät, es wird viel gespielt, gelacht, gewaschen, gekocht, … und wir lieben es!

Ist es anstrengend? Auf jeden Fall!

Würden wir uns nochmal so entscheiden? Jederzeit!

 

Übrigens: In Folge 6 unseres Podcasts “Austauschzeit” beschreibt Gastmutter Nicole ihre bisherigen Erfahrungen als Gastfamilie. Jetzt hier reinhören!

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