Julitta engagiert sich bei uns nicht nur ehrenamtlich, sondern durfte auch selbst interkulturelle Erfahrungen sammeln: Ein flexibler Freiwilligendienst in Ecuador schuf viele unvergessliche Erlebnisse.

flexibler Freiwilligendienst in Ecuador

Ein flexibler Freiwilligendienst

Mein Name ist Julitta, ich bin 62 Jahre alt und seit 19 Jahren als Gastfamilie und Betreuerin ehrenamtlich für Experiment e.V. aktiv. Bei so vielen meist positiven Erfahrungen, kam bei mir irgendwann der Wunsch auf, ebenfalls mal für ein paar Wochen in einem fremden Land zu leben. In die Schule kann ich natürlich nicht mehr gehen, aber ein Freiwilligendienst wäre doch auch schön.

Nachdem mich bei unserer Jahrestagung 2024 die Experiment Mitarbeiterin nochmal dazu ermutigt hatte, nahm ich diesen Gedanken mit nach Hause, teilte ihn mit meiner Familie und bewarb mich Ende des Jahres für den flexiblen Freiwilligendienst in Ecuador, allerdings nur für 6 Wochen, da eine längere Auszeit beruflich nicht möglich ist.

Warum Ecuador?

“Warum ausgerechnet Ecuador?”, wurde ich oft gefragt.

Nun ja, zum einen lerne ich schon einige Jahre Spanisch und zum zweiten hatten wir von 2015 bis 2016 Juan Andrés in unserer Familie zu Gast, der in Deutschland einen Freiwilligendienst absolviert hatte. Er erzählte uns viel von seinem Heimatland und vor seiner Abreise hatte ich versprochen, ihn mal in Ecuador zu besuchen. Der dritte Grund war für mich, dass Südamerika ein Kontinent ist, den ich noch nicht kenne.

Als ich im Januar die Zusage für mein Wunschprojekt im Botanischen Garten in Quito erhielt, war die Freude groß, aber gleichzeitig kamen auch Zweifel auf, ob ich das alles überhaupt schaffen würde, und natürlich war ich auch sehr gespannt, in welcher Gastfamilie ich leben durfte.

Ankunft und meine Gastfamilie

Nach vielen Vorbereitungen saß ich dann am 31. Mai im Flugzeug auf dem Weg nach Quito in das “Abenteuer meines Lebens”.

Dort angekommen, wurde ich von der Taxifahrerin Alexandra abgeholt und zu meiner Gastmutter Paola gebracht. Paola und ihre Hündin Luna haben mich herzlich empfangen und mit einem leckeren Abendessen begrüßt.

Mein Zimmer ist sehr schön, und mit einem eigenen Badezimmer habe ich eigentlich gar nicht gerechnet. Paolas Wohnung liegt in der Nähe von EIL, der Partnerorganisation von Experiment e.V. in Ecuador. In deren Räumen findet auch mein Sprachkurs statt.

Der Park “La Carolina”, in dem sich der Botanische Garten und damit mein Projekt befindet, ist zu Fuß locker zu erreichen. Paola zeigte mir am 1. Tag den Weg dorthin und ich freute mich auf meine Arbeit dort.

Sprachunterricht

Der Sprachunterricht startete bereits am nächsten Tag mit täglich 4 Stunden. Meine Lehrerin Maria ist sehr nett und checkte erstmal meine bisherigen Sprachkenntnisse.

Auch wenn ich schon einige Jahre Spanisch an der Volkshochschule lerne, sind 4 Stunden Einzelunterricht und die Praxis bei meiner Gastmutter eine andere Nummer, und ich gewinne recht schnell an Selbstvertrauen, das Gelernte anzuwenden.

Auf Erkundungstour

Paola zeigte mir, wie ich in der Stadt zurechtkomme, und half mir dabei, eine SIM-Karte für mein Handy zu kaufen.

Da ich am Nachmittag in der ersten Woche keinen Unterricht hatte und das Projekt erst eine Woche später begann, nutzte ich die Zeit, um die Stadt zu erkunden. So besuchte ich z.B. das Museum “Casa Museo Guayasamin”. Dort konnte ich viel über das Leben und die Werke des berühmten Malers Oswaldo Guayasamin erfahren.

Sehr beeindruckend finde ich die vielen Berge und Vulkane, die die Stadt sozusagen umschließen. Auf einer Höhe von fast 3000m zu leben, macht mir zum Glück weniger aus als erwartet, und ich genieße den täglichen Blick auf den Vulkan Pichincha.

Das erste Wochenende verbrachte ich mit der Familie von Juan Andrés, die mir das “Centro Historico” und die “Mitad del Mundo” zeigten. Es war schon ein besonderer Moment, mit einem Fuß auf der Südhalbkugel und mit dem anderen Fuß auf der Nordhalbkugel zu stehen.

Mein erster Arbeitstag

In meiner 2. Woche begann dann mein Projekt in der Bonsai-Abteilung des Botanischen Gartens in Quito. Ich arbeitete nun am Morgen und hatte am Nachmittag nur noch 3 Stunden Sprachunterricht.

Meine Betreuerin Sara begleitete mich am ersten Arbeitstag zum “Jardin Botanico”, wo Bonsai-Experte Alex bereits auf mich wartete. Auch wenn mir Gartenarbeit nicht ganz fremd ist, hatte ich mit den Miniaturbäumen noch nie etwas zu tun.

Alex zeigte mir das tolle Ausstellungsgelände und wies mich mit einer Präsentation auf seinem Laptop in die Arbeit mit Bonsais ein, natürlich auf Spanisch und mit vielen Bildern, sodass ich am Schluss den Eindruck hatte, zwar nicht alles, aber doch so einiges verstanden zu haben.

Gleichzeitig lernte ich auch Lena kennen, die ebenfalls einen Freiwilligendienst macht und schon etwas länger da ist. Sie beruhigte mich ein bisschen und erklärte mir, dass es nicht allzu schwer ist, mit Bonsais zu arbeiten. Aus heutiger Sicht, kann ich das bestätigen.

Alltag

Schnell fügte ich mich in den Alltag aus Arbeit am Morgen und Sprachunterricht am Nachmittag ein. An manchen Tagen war es sehr anstrengend.

Da es in Quito sowieso nicht ratsam ist, nach Einbruch der Dunkelheit das Haus zu verlassen, verbrachte ich die Abende meistens recht ruhig mit Paola im Haus.

Diese verwöhnte mich am Morgen mit einem tollen Frühstück und am Abend oft mit einem traditionellen ecuadorianischen Essen. Ich bin ihr sehr dankbar, dass sie dabei auf meine vegetarische Lebensweise Rücksicht nimmt. Fasziniert bin ich vor allem von der Vielfalt der Früchte. Hier eine Cherimoya:

Die Wochenenden nutzte ich, um Land und Leute besser kennenzulernen. So ging es mit einem Reiseveranstalter zur Lagune von Quilatoa und zum Vulkan Cotopaxi. Natürlich habe ich auch Quitos „Hausvulkan“ Pichincha besucht. Hier ging es mit der Seilbahn hoch. Die Aussicht über die Stadt und die Berge ist fantastisch.

Viel gezeigt hat mir auch die Familie von Juan Andrés. So konnte ich mit seinen Schwiegereltern den Vatertag feiern und nach Otavalo zum berühmten Kunsthandwerkermarkt fahren.

Alles wurde zunehmend vertrauter

Die Zeit verging schnell und das Land, die Stadt und die Sprache wurden mir von Tag zu Tag vertrauter. Vieles konnte ich nun ohne Probleme verstehen, aber das Sprechen fiel mir manchmal schon noch schwer, insbesondere dann, wenn ich versuchte, die Grammatik exakt anzuwenden.

Nach 5 Wochen endete dann auch schon der Sprachkurs bei EIL. So hatte ich in meiner 6. Woche nur noch die Arbeit am Morgen im Botanischen Garten. Meine freien Nachmittage nutzte ich, um noch mal mit Lena ins “Centro Historico” zu fahren, eines der Wahrzeichen der Stadt, den Panesillo zu besuchen.

Abschied und die letzten freien Tage

Dann war es auch schon Zeit, mich von Alex und dem Botanischen Garten zu verabschieden. Ich habe in den 5 Wochen Projektarbeit sehr viel von ihm über die Pflege und Bearbeitung von Bonsais gelernt und hätte auch noch ein paar Wochen dort arbeiten können.

Meine Zeit in Ecuador war allerdings noch nicht vorbei, denn ich konnte die letzten 10 Tage bei der Mutter und Schwester von Juan Andrés verbringen, die mir ihre Ferienwohnung im Haus zur Verfügung stellten. Nach 6 Wochen Großstadt ist das Haus auf einem nicht mehr aktiven Vulkan eine andere Welt, und ich genieße hier noch mal richtig die Natur, aber auch den Blick auf Tumbaco, einem Vorort von Quito.

Die Familie ist sehr nett und hier wurde nun gemeinsam gekocht und gebacken. Juan Andrés wünschte sich seine Lieblingsmuffins und Weihnachtsplätzchen, die er aus seiner Zeit in Deutschland noch kannte. Also wurden im August Vanillekipferl gebacken.

Trip nach Mindo

Auch wurde ich eingeladen, mit nach Mindo zu kommen, wo eine Freundin der Familie ein Ferienhaus besitzt. Das war noch mal ein ganz besonderes Highlight für mich.

Mindo ist bekannt für seine schöne Natur, sowie für die hohe Artenvielfalt an Vögeln und Schmetterlingen. Dort hatte ich das Vergnügen, eine sehr interessante Kakaoführung zu machen, durch den Nebelwald zu wandern und den berühmten Schmetterlingsgarten zu besuchen.

Leider ließen sich die Tukane nicht blicken, die dort ebenfalls zu finden sind. Die Kolibris sind dagegen nicht sehr scheu und lassen sich gerne füttern.

Auch meine letzten 10 Tage vergingen wie im Flug. Zum Abschluss hatte ich für die ganze Familie Dampfnudeln, eine süddeutsche Spezialität aus Hefeteig, gebacken mit Wein- und Vanillesoße. Ich musste zwar ein bisschen improvisieren, was die Zutaten und die Küchenutensilien betrifft, aber alle haben es genossen.

Eine unvergessliche Zeit

Nach etwas mehr als 7 Wochen ging es dann wieder mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück nach Deutschland. Für mich ging somit eine unvergessliche Zeit zu Ende. Wer mehr über meine Erfahrungen in Ecuador lesen möchte, kann gerne meinen Blog besuchen.

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