Warum sollte man eigentlich Gastfamilie werden? Und inwiefern bereichert ein Gastkind das eigene Leben?

Lena ist ehemalige Mitarbeiterin von Experiment und hat jede Menge Gastfamilienerfahrung aus erster Hand. Mit ihrem früheren Gastbruder Simón aus Kolumbien hat sie noch regelmäßigen Kontakt. Gleichzeitig hat sie über ihre Arbeit im Team Schulbesuch in Deutschland mit unterschiedlichen Gastfamilien gesprochen und sie gefragt: „Warum seid Ihr eigentlich Gastfamilie geworden?“ Ihre Top 5 Gründe dafür hat sie uns in diesem Blogbeitrag einmal zusammengefasst.

 

Lenas Top 5 Gründe, Gastfamilie zu werden

1. Mehr Leben in der Bude

Ob man eigene Kinder hat oder nicht, diese schon aus dem Haus sind oder noch klein, eines gilt: Mehr geht immer! Durch ein internationales Gastkind kommt Leben ins Haus. Einer der Gründe dafür, Gastfamilie zu werden: mehr Action im Alltag!

Das fängt schon morgens an, wenn sich alle für die Schule fertigmachen, geht am Nachmittag weiter mit Erzählen, Freund*innen treffen, Lachen, Sport treiben. Abends wird dann – wenn möglich – zusammen gegessen, wieder erzählt, berichtet, zugehört, miteinander gespielt und gelacht.

Junge Leute laufen durchs Haus, eine neue Stimme ist dabei, eine fremde Sprache – und für eine Person, die man kurz vorher noch gar nicht kannte und die hunderte, tausende Kilometer weit weg aufgewachsen ist, wird das eigene Heim zum zweiten Zuhause.

2. Sprache und Reiseziele

Einer der Gründe, Gastfamilie zu werden, ist die Sprache. Unsere Gastschüler*innen kommen aus der ganzen Welt und bringen ihre Sprachen und Gebräuche mit. Vielen Gastfamilien ist es wichtig, dass die eigenen Kinder durch das Gastkind einen anderen Bezug zu Fremdsprachen bekommen und sie auch außerhalb der Schule mit Leichtigkeit entdecken können.

Natürlich soll das Gastkind in der Familie Deutsch sprechen, die Sprache zu lernen ist ein wichtiger Teil des Austausches. Aber hier und da ein Wort auf Spanisch, eine Handy-App auf Chinesisch, eine französische Redewendung oder Unterstützung bei den Englisch-Hausaufgaben helfen schon, eine Fremdsprache für die eigenen Kinder lebendiger werden zu lassen.

Geht der Kontakt der Gastfamilie mit dem Gastkind über den Austausch hinaus, kommt es hin und wieder auch zu Besuchen im Heimatland des Gastes. So lernt man auch eine bislang häufig unbekannte Region der Welt kennen – und es reist sich ja auch viel schöner, wenn am Ankunftsflughafen jemand auf einen wartet.

Dieser Gedanke sollte bei der Entscheidung, Gastfamilie zu werden, natürlich nicht im Vordergrund stehen. Jedoch merken wir in unserer täglichen Arbeit, dass durch die Gastkinder viele unserer Gastfamilien selbst auch reisefreudiger werden.

3. Gastgeschwister

Unser Austauschschüler Simón aus Kolumbien war mein dritter Bruder. Zusammen mit meinen beiden leiblichen Brüdern war bei uns zu Hause also ganz schön was los – eine unvergessliche Zeit. Wenn Ihr selbst Kinder habt , werdet Ihr das kennen: Lachen, Flüstern, Streiten, der Zusammenhalt – Geschwister machen Kindheit und Jugend unvergleichbar.

Egal, ob eine Familie keine Kinder, eines oder mehrere Kinder hat, ein Gastkind bei sich aufzunehmen ist immer eine einmalige Erfahrung – mit Kindern kommt dann zusätzlich die Geschwister-Dynamik dazu: Kleinere Kinder sehen zu ihren großen Gastgeschwistern auf und sind stolz, einen „großen Bruder“ oder eine „große Schwester“ zu haben. Gleichaltrige unternehmen Dinge miteinander, können sich in der Schule helfen und haben vielleicht ähnliche Interessen.

Sind die eigenen Kinder schon aus dem Haus, sind die meisten Gasteltern viel gelassener und das Gastkind profitiert von den früheren Erfahrungen. Aber auch Paare ohne Kinder profitieren vom Gastfamilien-Dasein und lernen den Alltag mit einem Teenager kennen.

In den letzten Jahren haben wir festgestellt, dass besonders die Gastgeschwister stark zur Stimmung und zum Gelingen eines Austausches beitragen. Das Vorhaben, Gastfamilie zu werden, sollte deshalb mit allen Familienmitgliedern besprochen werden und jede*r einzelne muss mit der Entscheidung einverstanden sein, damit das Experiment gelingen kann.

4. Mehr gemeinsame Erlebnisse als Familie

Hand aufs Herz: Wann habt Ihr zum letzten Mal die Kinder, die Oma und viele Butterbrote eingepackt und Euch die Sehenswürdigkeiten in Eurer Region ansehen? Ist schon ein bisschen her? Bei mir leider auch. Spannende Orte gibt es überall in Deutschland, doch man kennt es: Die werden nur im Urlaub und woanders angesehen, nicht zu Hause, denn da ist man ja eh ständig.

Mit einem Gastkind ändert sich das: Von vielen Familien hören wir, dass sie durch die Gastkinder wieder einen neuen Bezug zu ihrer Heimat gefunden haben und sie vielleicht auch mit anderen Augen sehen. Freilichtmuseum, Steinformationen, Burgruine aus dem Mittelalter – für die neuen Familienmitglieder einmalige Sachen, die ihr Bild von Deutschland prägen und die es so in ihrem Land vielleicht nicht gibt.

Für viele Gastfamilien ist es eine echte Bereicherung, gemeinsam mit dem Gastkind die eigene Heimat neu kennenzulernen.

5. Neugier – Die Welt kennenlernen und gleichzeitig zeigen, wie es bei uns ist

Wie ist der Alltag von Teenies in Ecuador? Welche Haustiere hat man in Japan? Alle Länder selbst bereisen wäre schön, das ist aber leider für die wenigsten von uns machbar. Also holen wir einen Teil der Kultur zu uns nach Hause – mit einem Gastkind.

Gleichzeitig habt Ihr die Möglichkeit, jemandem einen Einblick in unsere deutsche Kultur zu ermöglichen und einige Eurer eigenen Werte und Traditionen weiterzugeben. Und das gilt nicht nur für die Gastfamilie. Ein Gastkind berührt viele Menschen: Lehrkräfte und Klassenkamerad*innen, die Nachbarschaft, Trainer*innen, Chorleitungen etc. Eine Vielzahl an Personen bekommt ein spezifisches Bild von einem anderen Land und wird gleichzeitig das Bild Deutschlands für jemand Neues mitprägen.

Auf der anderen Seite wird das Gastkind zu Hause – in Thailand, Italien, Kolumbien, Neuseeland – von den eigenen Erlebnissen berichten und dort Eltern, Freund*innen und Lehrkräften ein Bild von Deutschland vermitteln.

Ein Gastkind ist eine Bereicherung für alle Beteiligten und der rege Austausch hilft, ein genaueres und besseres Bild von der Welt zu bekommen und sie zu verstehen. Das tragen wir von Experiment auch in unserem Leitspruch – die Völkerverständigung.

Ihr wollt auch Gastfamilie werden?

Egal ob „klassische Familie“, Regenbogenfamilie, unterschiedliche Glaubenszugehörigkeiten, mit oder ohne Kinder, Paare oder Wohngemeinschaften: Alle können Gastfamilie werden. Diversität liegt uns am Herzen und so unterschiedlich wie unsere Gastkinder sind, dürfen und sollen auch unsere Gastfamilien sein. Wichtig ist, dass Ihr Gastfreundschaft zeigen möchtet und Euch auf das spannende Experiment der interkulturellen Begegnung einlasst.

Um ein Familienmitglied auf Zeit aufzunehmen, könnt Ihr Euch hier ganz unverbindlich registrieren. Wir nehmen anschließend Kontakt mit Euch auf und helfen Euch dabei, einen Gast zu finden, der zu Euch passt. Ihr habt unter den aktuellen Gesuchen schon ein Gastkind gefunden, das Ihr gerne aufnehmen würdet? Dann lasst uns das gerne wissen!

Wir freuen uns darauf, Euch als Gastfamilie bei Experiment zu begrüßen!

Übrigens: Auch in unserem Podcast lassen wir hin und wieder Gastfamilien zu Wort kommen. In Folge 23 von Austauschzeit beschreibt Gastschwester Merve ihre Erfahrungen als Gastschwester. Jetzt hier reinhören!

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