„Can we co-exist?“, so lautet der Titel des Workshops, den ich auf einer Dienstreise in einem Projekt in Mexiko-City besuchen darf, in dem sich jedes Jahr weltwärts-Teilnehmende von uns ehrenamtlich für 10 Monate engagieren. Die Ergebnisse des Workshops waren für alle Beteiligten ein augenöffnender Moment und zeigen, wie wir uns alle immer wieder mit interkulturellen Begegnungen selbst herausfordern und davon lernen dürfen.

Freiwilligenarbeit in Mexiko-Stadt: Ein weltwärts-Projekt mit und für Geflüchtete

Das Projekt liegt direkt in Mexiko-Stadt und hat zwei Hauptziele: Erstens hilft es Geflüchteten nach der Ankunft. Zweitens will es in der Bevölkerung auf die Situation der Geflüchteten aufmerksam machen, Verständnis für ihre Sorgen und Nöte erzeugen und so zu einem friedlichen Miteinander beitragen.

Workshop: Wie fühlt man sich selbst als Geflüchtete*r?

Gemeinsam mit der Partnerorganisation und anderen Gästen vor Ort werde ich eingeladen, mich nun an einem Workshop zu diesem Thema zu beteiligen. Konkretes Ziel des Workshops ist es, uns mit der Situation der Geflüchteten vertraut zu machen. Nach einigen einführenden Worten, eindrucksvollen Bildern und der Frage, was der Unterschied zwischen Migrant*innen und Geflüchteten ist, starten wir eine Simulation. Wir sollen uns ins Jahr 2028 hineinversetzen und 5 Personen aufschreiben, die uns wichtig sind, und 5 Gegenstände, die wir zum Leben brauchen.

5 Personen und 5 Gegenstände die Du zum (Über-)Leben brauchst

Dann heißt es auf einmal: Die Lage ist so unsicher, es gibt Plünderungen in der Stadt. Das Militär hat übernommen, wir wissen nicht mehr, wer gut und wer böse ist. Klar ist nur: Wir können nicht bleiben und müssen unsere Heimat verlassen. Wir verlassen sie mit den 5 Personen, die wir aufgeschrieben haben und mit den Dingen, die wir dachten, zum Leben zu brauchen. Ein Dach über dem Kopf? Wasser? Brot? Ein Bett? Können wir alles nicht mitnehmen. Sinnvoller sind Gegenstände wie Geld, Schmuck, wichtige Dokumente…

Wozu wir Geld und Schmuck brauchen, wird an der nächsten Station klarer. Jetzt sind wir an der Grenze. Eine der Referentinnen spielt den Grenzbeamten. Sie geht nacheinander zu uns und schreit uns an: „Was willst Du hier? Warum sollte ich Dich in unser Land lassen? Was kannst Du mir bieten? Geld? Wieviel? Was willst Du hier mit Deinen Töchtern? Die kannst Du gleich da drüben abgeben, dann können sie Nutten werden.“

Für uns eine Simulation – für viele Menschen die Realität

Obwohl wir alle wissen, dass dieser Workshop nur eine Simulation ist, fühlen wir uns nach der letzten Station ganz klein und machtlos. Am Ende erfahren wir, dass gerade diese Referentin, die den Grenzbeamten so überzeugend spielt, selbst eine Geflüchtete aus Nicaragua ist. Sie beschreibt uns anschließend ihre Erfahrung. Da der gesamte Workshop auf Spanisch ist, verstehe ich nicht jedes Wort, aber ich verstehe das große Ganze. Und ich habe eine Menge dazu gelernt.

Friedliches Miteinander – can we co-exist?

Wenn wir uns anschauen, wie viel Gewalt und Elend auf dieser Welt herrscht, fällt es schwer, auf diese Frage mit einem optimistischen JA zu antworten. Und gleichzeitig ist genau dieses friedliche Miteinander das Ziel unserer Arbeit bei Experiment und auch in unserer Satzung als Vereinszweck definiert.

In den letzten Jahren gab es sehr wenige Dienstreisen, was ich im Grunde genommen genossen habe. Gleichzeitig merke ich jetzt, auf dieser Reise durch Mexiko, wie wichtig es ist, gerade in unserer Branche, immer wieder die eigene Komfortzone zu verlassen. Nur so lernen wir dazu, nur so können wir uns auch immer wieder in unsere Teilnehmenden und Gastfamilien hineinversetzen und bekommen neue Motivation für unsere Arbeit.

Ein großes Dankeschön an PEI, unsere mexikanische Partnerorganisation, die sich um unsere Teilnehmenden so wunderbar kümmert und ihnen hilft, ihre deutsche Komfortzone zu verlassen, um eine neue Komfortzone, fern von der Heimat, in Mexiko zu finden.

Hier findest Du weitere Informationen zum weltwärts-Programm in Mexiko.