Von der Isar an die Isère – Über mein Auslandssemester in Frankreich
Zur Feier des 60.-jährigen Bestehens des Élysée-Vertrags starten wir eine Blog-Reihe mit Frankreich-Geschichten von Experimenter*innen oder Wissenswertes rund um unser Nachbarland Frankreich. Diesmal berichtet Sophia über ihr Auslandssemester in Frankreich an der SciencePo Grenoble.
Warum ein Auslandssemester in Frankreich?
Frankreich war immer sehr präsent in meiner Kindheit und Jugend, denn meine Schulzeit über besuchte ich in München eine Deutsch-Französische-Schule. Dort lernte ich von klein auf die französische Sprache, Gebräuche und das französische Schulsystem in Deutschland kennen, obwohl niemand aus meiner Familie einen französischen Hintergrund hat. Frankreich selbst aber hatte ich damals nur ganze drei Mal gesehen: einmal, als ich meine Ferien mit einer Freundin bei ihrer Großmutter verbrachte, und zwei Mal auf Klassenfahrt. So richtig hatte ich das Land also nie besuchen können.
Während meiner Studienzeit in Düsseldorf und Bonn merkte ich, dass mir der französische „Alltag“ fehlte. Ich vermisste es, meine Sprachkenntnisse zu nutzen und befürchtete, mein Wissen zu verlieren. Ein Kurztrip nach Paris konnte meine Sehnsucht nicht stillen. Also beschloss ich während meines Master-Studiums ein Auslandssemester an einer französischen Uni zu machen. Ich hatte immer ein Auslandssemester machen wollen, um interkulturelle Erfahrungen zu sammeln. Wieso also nicht Frankreich und ein Auslandssemester kombinieren?
Mir standen damals in ganz Frankreich die unterschiedlichsten Universitäten zur Auswahl. Für mich zählte dabei nicht in bekannte Städte wie Paris oder Urlaubsziele an der Küste zu erleben. Mir war es eher wichtig, Kurse zu besuchen, die meinen Wissenshunger über bestimmte Studienthemen stillen würden. Deswegen fiel meine Wahl auf die SciencePo in Grenoble. Dort würde ich einen Master-Studiengang besuchen, der sich hauptsächlich auf meine Interessen fokussierte.
Erkundungstouren durch Grenoble
Im September 2017 ging es dann endlich los: Zusammen mit einer Freundin reiste ich etwas früher zum Semesterstart in das schöne Grenoble, um mein Zimmer im Studentenwohnheim zu beziehen und mit ihr Grenoble zu erkunden. Die Stadt liegt in der Nähe von Lyon, ist umgeben von drei riesigen Gebirgsmassiven und wird besonders von Outdoor-Fans wegen der vielfältigen Wandermöglichkeiten geschätzt. Zudem ist sie eine beliebte Studentenstadt, durch die sich der Fluss Isère schlängelt. Die Erkenntnis über den Namen Isère war für mich sehr witzig: Wer hätte gedacht, dass ich meine Nähe zu Frankreich und der französischen Sprache ausgerechnet in einer Stadt wiederfinden würde, durch die sich ein Fluss schlängelt, der fast genauso heißt wie die Isar, die durch meine Heimatstadt München fließt? Das konnte ja nur gut werden!
Meine Freundin und ich entdeckten Grenoble zu Fuß und mit dem Fahrrad. Denn was viele vielleicht nicht wissen: Obwohl die Stadt von Bergen und Hügeln eingekesselt ist, ist Grenoble selbst sehr flach. Sogar so flach, dass sie zu den flachsten Städten Frankreichs zählt. Mit Leihrädern war es daher ein Leichtes, alle Ecken zu entdecken. Für Tourist*innen gibt es zum Beispiel die Bastille zu erkunden, eine Festung, die auf einem Hügel über der Stadt thront. Oder man unternimmt eine Fahrt mit der bekannten Gondel, die man anstelle des Fußmarsches zur Bastille nutzen kann. Zudem befindet sich in Grenoble das zweitälteste Bistro Frankreichs (das älteste liegt meines Wissens natürlich in Paris), in dem man ganz guten Kaffee und französische Snacks serviert bekommt.
Das Auslandssemester in Frankreich vergeht wie im Flug
Nach einer Woche reiste meine Freundin ab und mein Studentinnenleben in Frankreich fing an. In unterschiedlichen Seminaren und Lesungen lernte ich meine französischen, aber auch meine internationalen Studienkolleg*innen kennen. Es war schön, so viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen um mich zu haben. Ich merkte auch schnell, wie anders die Seminargestaltung im Vergleich zu meiner deutschen Uni war. Trotz der Umstellung fand ich es sehr wichtig, mich an die andere Herangehensweise an Lernstoffe zu gewöhnen. Schließlich war ich zum Lernen und Erfahrungen sammeln nach Frankreich gekommen! Da war klar, dass nicht alles wie an meiner Uni zu Hause ablaufen würde.
Das Auslandssemester verging für mich wie im Flug. Als ich ankam, bekam ich noch die letzten Sommertage mit, erlebte dann einen wunderschönen Herbst und einen verschneiten Winter. Ich erlebte die Jahreszeitenwechsel besonders intensiv bei Wanderungen durch die Berge: mal im T-Shirt zu sonnenbeschienenen Gipfeln und mal dick eingepackt durch den Schnee. Mein Alltag bestand aber natürlich nicht aus Wanderungen. Sondern aus dem Besuch meiner Uni-Kurse auf Französisch und Englisch, Hausaufgaben und Seminararbeiten schreiben oder daraus, meine Freizeit mit neuen Freund*innen genießen.
An der SciencePo wurde ich durchgehend von Lehrpersonal, aber auch von Betreuer*innen für internationale Student*innen begleitet. Letztere waren besonders wichtig, denn durch sie lernte ich alle möglichen Ecken in und um Grenoble kennen. Bergwanderungen standen genauso auf der Tagesordnung wie Besuche im nahen Lyon oder Avignon, Konzerte oder gemeinsame Abende, bei denen jede*r Speisen aus seinem*ihrem Heimatland mitbrachte. Diese Erinnerungen sind für mich besonders wertvoll, denn sie haben mir geholfen, sehr offen an meine neue Umgebung heranzugehen. In Das gilt für mein Auslandssemester in Frankreich genauso wie für die Zeit danach. Zudem wird einem auch wieder bewusst, wie schnell Menschen Freundschaften knüpfen können, wenn sie empfänglich für ihr Umfeld sind. Ich bin damals sehr offen auf Frankreich zugegangen und wurde genauso offen empfangen. Für mich war das besonders schön, da ich das Land selber in meiner Jugend ja nie wirklich erleben konnte.
Prägende Lebenserfahrungen dank meines Auslandssemesters
Rückblickend würde ich die Entscheidung, ein Auslandssemester zu machen, immer wieder treffen. Immer wenn ich mich daran zurückerinnere, fallen mir neue Momente ein, die das Erlebnis so toll gemacht haben. Und es hatte meinen späteren Werdegang sehr geprägt, da ich für mich wusste, dass ich meine vertieften Sprachkenntnisse unbedingt anwenden wollte. Mit Erfolg: ich konnte kurze Zeit später eine Stelle antreten, bei der ich genau wegen meines Französischs gepunktet hatte. Ich kann wirklich jede*m empfehlen, sich zu trauen, längere Zeit im Ausland zu leben. Sei es bei einem Schüleraustausch, einem Freiwilligendienst, einem Demi Pair-Aufenthalt oder einem Ferienprogramm. Oder wie bei mir bei einem Auslandssemester.
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