Im Rahmen ihres Europa-Stipendiums hat Lena 4 Austauschschüler*innen über ihre Zeit im Ausland nach Unterschieden, Besonderheiten und Highlights ihrer Austauschzeit befragt. Vier der Austauschschüler*innen berichten von ihren Erfahrungen in Irland. Maja aus Irland verbrachte wiederum ihren Austausch in Deutschland. Alle Antworten findest Du in diesem Beitrag.

Austauschschüler*innen über ihre Zeit im AuslandAustauschschüler*innen aus verschiedenen Ländern

Als erstes möchte ich mich einmal selbst vorstellen: Mein Name ist Lena, ich bin 17 Jahre alt und komme aus Hamburg. Gerade gehe ich für 5 Monate in Irland zur Schule. In dieser Zeit werde ich Interviews mit anderen Austauschschüler*innen führen und hier hochladen.

Mein Ziel ist es verschiedene Nationalitäten kennen zu lernen, über ihre Kultur, ihr Schulsystem und Sitten zu erfahren, diese mit Euch zu teilen und dadurch zum interkulturellen Austausch beizutragen.

Erfahrungen der Austauschschüler*innen in Irland

Warum wolltest Du ein Auslandsjahr machen?

Lena aus Deutschland: Ich wollte meine Komfortzone verlassen, neue Erfahrungen sammeln und meinen Horizont erweitern. Eine fremde Kultur kennenlernen und mich dadurch weiterentwickeln.

Mara aus Spanien: Durch das Auslandsjahr möchte ich mein Englisch verbessern und das Transition Year ausprobieren. Außerdem wollte ich Erfahrungen sammeln, selbstständiger werden und ganz viel daraus lernen.

Umberto aus Italien: Ich wollte schon immer an einem Austausch teilnehmen und fremde Kulturen kennenlernen. Als ich online sah, dass es die Möglichkeit gibt, ein Jahr lang im Ausland zur Schule zu gehen, habe ich keine Sekunde gezögert und mich beworben. Ich bin sehr interessiert an Sprachen und ein Auslandsjahr ist perfekt, um mein Englisch zu verbessern.

Dominique aus der Schweiz: Ich habe im letzten Sommer die Schule mit Sekundarschulabschluss abgeschlossen. Danach wusste noch nicht, was für eine Ausbildung ich beginnen sollte. Außerdem war ich mit meinen 15 Jahren noch sehr jung. Durch das Auslandsjahr habe ich ein weiteres Jahr gewonnen, in dem ich mich entscheiden kann, in welche Richtung ich mich beruflich entwickeln möchte. Ich wollte auch lernen, wie es ist, in einem fremden Land komplett auf mich allein gestellt zu sein. Natürlich war es mir auch wichtig, mein Englisch zu verbessern.

Warum hast Du Dich für Irland entschieden?

Lena aus Deutschland: Ich wollte gern in ein englischsprachiges Land und hatte viel über die Gastfreundschaft der Ir*innen gehört. Darüber hinaus ist die Natur wunderschön.

Mara aus Spanien: Ich habe mich für Irland entschieden, weil es das einzig englischsprachige Land der EU ist und für einen Austausch deshalb unkomplizierter als beispielsweise in die U.S.A. zu gehen. Außerdem finde ich gut, dass es nicht so weit weg von Spanien liegt und ich meine Familie über Weihnachten besuchen konnte. Meine Eltern waren auch schon über ein Wochenende in Irland.

Umberto aus Italien: Irland ist von Italien aus das nächstgelegene englischsprachige Land. Außerdem wollte nicht so lange fliegen und hatte keine Lust auf eine Zeitverschiebung. So kann ich jederzeit meine Familie und meine Freunde in Italien anrufen und bin sehr glücklich mit meiner Entscheidung.

Dominique aus der Schweiz: Das weiß ich gar nicht genau. Am Anfang wollte ich nach Amerika gehen, wie es viele der Schweizer Schülerinnen und Schüler machen. Durch die Nachwirkungen der Corona-Pandemie wurde ein Auslandaufenthalt in den USA ein bisschen komplizierter. Daher habe ich angefangen, in Europa nach Angeboten im englischsprachigen Raum zu schauen und habe mich letztendlich für Irland entschieden.

Was ist der größte Unterschied zu Deinem Heimatland?

Lena aus Deutschland: Für mich ist der größte Unterschied die Schule, viele Schulen in Irland sind noch nach Geschlecht getrennt und somit bin ich auf einer katholischen Mädchenschule. Außerdem trage ich meine Schuluniform und habe nur vier Fächer zusätzlich zu Mathe, Englisch, Religion und Sport gewählt. Am Ende des Schuljahres schreibt man innerhalb einer Woche seine Abschlussexamen in jedem Fach und hat zwischendurch nur ein paar Tests, damit die Lehrkräfte den Stand der Schüler*innen einschätzen können.

Mara aus Spanien: Der größte Unterschied ist für mich der Tagesablauf. In Spanien beginnt die Schule um acht und endet schon gegen zwei. Danach geht man nach Hause und isst Mittagessen. Hier in Irland beginnt die Schule erst um neun Uhr und ich esse mittags nur ein Sandwich. Schulschluss ist gegen halb vier. Dafür essen wir aber schon gegen sechs Uhr zu Abend. Dadurch fühlt sich der Abend für mich wie zweigeteilt an. In Spanien würde ich meine Hausaufgaben alle vor dem Essen fertig machen, dann um acht essen und mich im Anschluss entspannen und ins Bett gehen. Deshalb fällt es mir schwer meine Hausaufgaben hier nach dem Abendessen noch fertig zu bekommen.

Umberto aus Italien: Die größten Unterschiede für mich sind das Wetter und das Essen. In Irland ist das Wetter ein Desaster, es regnet ununterbrochen oder ist windig. In Italien wird es schon im März um die 20°C, ab April ist es richtig warm. Ein Funfact, den meine Gastmutter erzählt hat: Die Jahresdurchschnittstemperatur in Irland liegt zwischen 10°C und 13°C, weil es im Sommer nur maximal 25°C wird. Jeder weiß, dass man in Italien herorragendess Essen bekommt und wir Italiener sind darauf sehr stolz. Die Anzahl an italienischen Restaurants spricht für sich :).

Ein weiterer Unterschied ist, dass ich hier auf einer reinen Jungenschule bin. In Italien haben wir keine getrennten Schulen und ich wäre auch hier deutlich lieber auf einer gemischten Schule. Es ist aber interessant, mal nur mit Jungs zur Schule zu gehen. Mir fällt auf, dass es während des Unterrichts sehr konzentriert und ruhig ist. Das ist aber auch der einzige Vorteil. In den Pausen herrscht bei uns trotzdem das komplette Chaos.

Dominique aus der Schweiz: Definitiv das Wetter, in der Schweiz haben wir im Sommer um die 30 Grad und im Winter Schnee. Im Sommer gehe ich deshalb oft mit meinen Freunden zum Fluss baden. Manchmal fahren wir am Wochenende auch an den See. Im Winter gehen wir Skifahren. Das nächste Skigebiet ist ungefähr eine Stunde entfernt, weshalb wir auch ab und zu für nur einen Tag am Wochenende fahren. Wir haben auch von der Schule aus jährlich ein fünf Tage langes Skilager. Hier in Irland ist es konstant regnerisch, windig und immer um die 10 bis 20 Grad.

Was gefällt Dir an Irland bisher am Besten?

Lena aus Deutschland:  Am besten gefällt mir die Natur. Wenn ich aus meinem Zimmer schaue, sehe ich das Meer und die Felder. Innerhalb von 5 Minuten mit dem Auto bin ich am Strand oder kann einen Spaziergang am Kliff entlang machen. Der Schulbus fährt die meiste Zeit parallel zum Wasser und weil er schon deutlich vor Schulbeginn ankommt, gibt es an meiner Schule einen Breakfast Club, wo man vor dem Unterricht frühstücken und sich austauschen kann.

Mara aus Spanien: Am besten gefällt mir, dass ich so viele verschiede Aktivitäten ausprobieren kann. Letzte Woche hatte ich ein Schulpraktikum und die Schule bietet viele AGs und Sportangebote an. In Spanien haben wir so etwas nicht. Am Wochenende kann ich verschiede Städte bereisen oder die Natur genießen. Es sind einfach die vielen unterschiedlichen Dinge, die ich hier ausprobieren kann und, dass ich so oft meine Komfortzone verlassen muss. Ich glaube, die Challenge daran gefällt mir am besten.

Umberto aus Italien: Ich finde, dass Irland oft unterschätz wird. Es hat wunderschöne Natur. Der Kontrast zwischen dem Meer und den Klippen ist sehr beeindruckend. Ich habe mich wirklich in das Land und die Natur verliebt. Nur das Wetter, bzw. die Regenwolken stören manchmal die Aussicht…

Dominique aus der Schweiz: Ich habe viele irische Freunde und fühle mich in meiner Familie sehr wohl, deshalb würde ich sagen, dass die Menschen mir hier am besten gefallen. Von meiner Gastfamilie wurde ich von Anfang an wie ein eigenes Kind behandelt und auch für meine Onkel, Tanten und Großeltern bin ich ein Teil der Familie. Bei meinen Freunden gehörte ich auch sehr schnell zur Clique.

Gibt es in Deinem Heimatland andere Schulfächer als in Irland?

Lena aus Deutschland: Das Schulfach „Home Economics“ gibt es an meiner deutschen Schule nicht. In den jüngeren Jahrgängen und besonders im Transition Year wird dort viel gekocht. Im 5th year geht es dann vor allem um Ernährung. Ich lerne zum Beispiel gerade, wie sich die irischen Essgewohnheiten in den letzten 100 Jahren verändert haben. Davor haben wir viel über Fisch gelernt. Dafür habe ich in Deutschland beispielsweise die Möglichkeit, mich zwischen Religion und Philosophie zu entscheiden.

Mara aus Spanien: Leider haben wir in Spanien keine besonderen Schulfächer wie Home Economics und auch kein Übergangsjahr wie das Transition Year.

Umberto aus Italien: Das ist schwer zu sagen, weil das gesamte Schulsystem anders aufgebaut ist. Wenn Du in Italien auf eine weiterführende Schule kommst, musst Du Dich eigentlich schon entscheiden, was für einen Job Du später machen willst oder zumindest, in welche Richtung es gehen soll. Die Schulen haben unterschiedliche Schwerpunkte von Kunst bis Technologie. Meine Schule, hat einen sprachlichen Schwerpunkt. Deshalb lerne ich Französisch, Englisch, Spanisch, natürlich Italienisch und hatte drei Jahre lang Deutsch. Zusätzlich habe ich in Englisch und Französisch Konversation, um mich mündlich zu verbessern. Wenn Du merkst, dass Deine Schule nicht die richtige für Dich ist, kannst Du in den ersten zwei bis drei Jahren noch wechseln. Danach wird es zu schwierig, den verpassten Stoff nachzuholen.

Dominique aus der Schweiz: Wir haben vor allem deutlich mehr Fächer als hier in Irland, wo man zusätzlich zu den Hauptfächern nur vier weitere Fächer wählt. Die Schulfächer an sich unterscheiden sich aber nicht großartig von denen in der Schweiz. Wir haben die Hauptfächer Mathe, Deutsch und Englisch. Dazu haben wir eine zweite Fremdsprache, Naturwissenschaften, Geographie, Geschichte, Hauswirtschaft (Kochen und Ernährungswissenschaft), Bildnerisches, Textliches oder Technisches Gestalten, Musik und/oder Kunst.

Dinge, die Dir in Irland aufgefallen sind:

Lena aus Deutschland:

– „How are you?“ Ist eine reine Begrüßungsfloskel und wird auch als Gruß, wenn du unterwegs
bist, auf der Straße zugerufen.
– Man bedankt sich bei der Lehrkraft nach dem Unterricht.
– Es wird fast jedes mal zum Abendessen Fleisch gegessen.
– Das Wasser kommt immer aus dem Kühlschrank.

Mara aus Spanien:

– Irland hat Linksverkehr.
– Die Lehrkräfte werden mit dem Nachnamen angesprochen, in Spanien mit dem Vornamen.
– Fast jedes Haus ist mit Teppich ausgelegt, in Spanien gibt es höchstens kleine Teppiche in
einzelnen Räumen.

Umberto aus Italien:

– Sobald es mehr als zwei Personen sind, schreien sich die Iren an, statt sich in normaler
Lautstärke zu unterhalten.
– Es wird alles von einem Teller gegessen, in Italien benutzen wir z.b. für Gemüse Extrateller.
– In meiner Gastfamilie gibt es zwar fast immer Reis zum Abendessen, aber in anderen Familien
immer Pommes als Beilage.

Dominique aus der Schweiz:

– Man sieht nie jemanden auf dem Fahrrad fahren, die Menschen fahren entweder Auto, Bus,
oder gehen zu Fuß.
– Alle Jugendlichen haben den gleichen Style, die Jungs tragen Jogginganzüge und die Mädchen
Leggings.

Ein Funfact über Dein Land:

Lena aus Deutschland: Es gibt über 300 verschiedene Sorten Brot und über 1500 unterschiedliche Wurstarten.

Mara aus Spanien: Die spanische Nationalhymne hat keinen Gesang.

Umberto aus Italien: Du denkst vielleicht, dass wir es lustig finden, aber wir werden Dich wirklich aus dem Land werfen, wenn Du Ananas auf Pizza isst. Bitte tu das nicht. Die einzige Frucht die auf eine Pizza gehört ist die Tomate! Ja, das ist eine Frucht.

Dominique aus der Schweiz: In der Schweiz gibt es vier Sprachregionen, die deutsche, die französische, die italienische und die rätoromanische Schweiz. In der deutschen Schweiz spricht man allerdings Schweizerdeutsch, wo die Kantone (ähnlich wie die Bundesländer in Deutschland) wiederum unterschiedliche Dialekte haben. Nur in der Schule sprechen wir Hochdeutsch.

Erfahrungen einer Austauschschülerin in Deutschland

Maja, Du warst im September 2023 für einen Schüleraustausch in Deutschland. Wie sah er aus?

Im April waren die deutschen Schülerinnen für zehn Tage in Irland und gingen mit uns in die Schule. Jede bekam im Vorhinein eine Austauschschülerin zugeteilt, wodurch wir schon vorher in Kontakt treten konnten. Im September fuhren wir dann nach Solingen in der Nähe von Köln. Auch wir waren zehn Tage lang dort und schliefen bei unseren Austauschpartnern in den Familien.

Warum wolltest du an dem Austausch teilnehmen?

Ich wollte mein Deutsch verbessern, die Sprache wirklich anwenden und von ihr umgeben zu sein. In Irland sprechen wir im Deutschunterricht oft Englisch oder lesen deutsche Texte. Es geht hauptsächlich darum, diese zu übersetzten und nicht darum, die Sprache zu sprechen.

Warum hast du dich für Deutsch entschieden?

Ich hatte die Wahl zwischen Französisch und Deutsch und das Gefühl, dass im Deutschen mehr Wörter dem Englischen ähneln als im Französischen. Außerdem spreche ich Schwedisch, weil meine Mutter Schwedin ist, und dachte, dass mir das helfen könnte. Es macht das Lernen auf jeden Fall einfacher, viele Wörter ähneln sich oder ich kenne sie bereits aus dem Schwedischen.

Was war der größte Unterschied zwischen Deutschland und Irland?

Für mich war die Schule der größte Unterschied. Sie fing schon um acht Uhr an statt wie bei uns erst um neun. Man musste keine Schuluniform tragen. Jeder trug seine eigenen Klamotten, was wirklich schwierig für mich war, weil ich erst nicht wusste, was ich anziehen sollte. Es war sehr merkwürdig, dass sich jeder in der Schule frei kleiden und individuell ausdrücken konnte.

Im Unterricht machten alle ein bisschen, was sie wollten. Manchmal standen Schüler einfach auf und sprachen mit jemanden, gingen zurück an ihren Platz und setzten sich wieder hin. Außerdem unterhielten sie sich die ganze Zeit. Bei uns ist – außer im Kunstunterricht – weder Herumlaufen noch Reden erlaubt. Sie hatten auch weniger Lehrkräfte als wir. Wir haben jede Stunde ein anderes Fach in einem neuen Raum bei einem neuen Lehrer. In Deutschland hatten wir manchmal drei Stunden in Folge denselben Lehrer und blieben fast immer im gleichen Raum. Sogar der Klassenraum an sich war anders. Die Holzstühle mit blauen Beinen, die auf den Tisch zum Hochstellen passen, und die Tafel erinnerten mich sehr an eine Grundschule.

Was gefiel dir in Deutschland am besten?

Mir gefiel, wie reibungslos der Tag ablief. Meine Austauschschülerin sagte z. B. immer, dass der Bus Verspätung hätte, obwohl er nach drei Minuten kam. Wenn in Irland ein Bus zehn Minuten später kommt, gilt er immer noch als pünktlich. Außerdem war der Tagesablauf sehr gut strukturiert, wenn etwas geplant wurde, wurde es durchgezogen. Ich hatte immer das Gefühl, die Deutschen haben ihr Leben besser im Griff und das gefiel mir sehr gut.

Wie ist es für Dich, Austauschschülerinnen an deiner Schule zu haben?

Ich liebe es, Schülerinnen aus anderen Ländern bei uns an der Schule zu treffen. So lernst du Menschen mit ganz anderen Perspektiven kennen. Sie haben andere Hintergründe und es ist interessant, sich auszutauschen.

Dinge, die mir in Deutschland aufgefallen sind:

– Menschen in der Öffentlichkeit kommen weniger ins Gespräch und bleiben eher für sich.
– Viele Menschen nutzen den ÖPNV oder die Fahrradwege , in Irland wird eher Auto gefahren.
– Die Supermärkte waren deutlich größer und es gab mehr aus Auswahl.

Ein Funfact über Dein Land:

In Irland gibt es offiziell nur elf Städte.

 

 

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