80 Jahre Kriegsende - unser Gründer Donald B. Watt
Unser Gründer Donald B. Watt sagte schon damals: “Work for understanding where misunderstanding is greatest.”

Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg – ein Moment, der Europa und die Welt grundlegend veränderte. Das Kriegsende 1945 markierte nicht nur das Ende unermesslichen Leids, sondern auch den Beginn einer neuen Ära: des Aufbaus demokratischer Strukturen, internationaler Zusammenarbeit und des Einsatzes für Frieden und Menschenrechte.

Heute, acht Jahrzehnte später, stehen demokratische Werte erneut unter Druck. Populismus und gesellschaftliche Spaltungen stellen Demokratien weltweit auf die Probe.

Mit Blick auf 80 Jahre Kriegsende fragen wir uns: Was haben wir aus der Geschichte gelernt? Wie stabil sind unsere demokratischen Werte wirklich? Und welche Rolle spielen internationale Austauschprogramme dabei, Freiheit und gegenseitiges Verständnis zu fördern?

Wir schauen zurück, was wir aus dem Kriegsende lernen können, was die Demokratie heute herausfordert – und warum Austauschprogramme wichtiger sind, denn je. Auch unsere Partnerorganisationen haben wir gefragt, mit welchem Gefühl sie auf die Vergangenheit und die Gegenwart blicken.

1945 – Das Ende eines Krieges, der die Welt veränderte

Das Ende des Zweiten Weltkrieges bedeutete für Millionen Menschen Befreiung von Gewalt, Diktatur und Angst. Aber es war auch ein Moment tiefer Wunden und der Anfang einer großen Verantwortung: den Frieden zu bewahren und die Demokratie zu schützen.

Auf den Trümmern der Vergangenheit wuchs die Vision einer besseren Zukunft. Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen wurden gegründet, in Europa entstanden erste Bündnisse, aus denen später die Europäische Union hervorging – mit dem Ziel, Krieg durch Zusammenarbeit zu verhindern. Demokratie wurde zum zentralen Versprechen für ein friedliches Zusammenleben.

Diese historische Dimension ist auch unseren Partner*innen in aller Welt bewusst. Thibault Dufresne von CEI in Frankreich fällt dazu eine Rede von Emmanuel Macron aus dem Jahr 2017 ein:

„Seit siebzig Jahren bietet CEI nicht nur qualitativ hochwertige Sprachreisen an, sondern setzt sich für dieses kostbare und zerbrechliche Gut ein, für die immer wiederkehrende Hoffnung: den Frieden.“

Auch Hiro Suzuki von EIL Japan zieht Parallelen zur Geschichte – und warnt eindringlich vor Wiederholungen:

„I feel that the current world situation is somewhat similar to the period before World War I and World War II. Old and new problems such as the expansion of right-wing influence in each country, symbolized by nationalism, and anti-immigration movements, seem to be forcing the same mentality on us who live in the present. Creating a world where differences are recognized as differences and we can coexist. I believe that international exchange programs play an important role in maintaining unbiased thinking.“

Die Lehren aus 1945 sind aktueller denn je: Frieden ist nicht selbstverständlich – und Demokratie ist kein Selbstläufer.

Demokratie in der Krise? 80 Jahre Kriegsende und die Lehren für heute

80 Jahre Kriegsende – man sollte meinen, das Fundament der Demokratie sei gefestigter denn je, doch es wackelt weltweit. Populistische Bewegungen gewinnen an Zulauf, autoritäre Regime stärken ihren Einfluss, und selbst in etablierten Demokratien geraten Grundwerte wie Pressefreiheit, Gewaltenteilung oder Minderheitenschutz unter Druck.

 

Die Bundestagswahl 2025

Die Bundestagswahl 2025 hat diese Entwicklungen auch in Deutschland sichtbar gemacht: Immer mehr Wähler*innen orientieren sich nach rechts, und Parteien mit antidemokratischen Tendenzen gewinnen an Einfluss. Die politische Mitte steht unter Druck – und mit ihr viele Grundwerte, die lange als Konsens galten. Die Geschichte zeigt uns: Demokratie kann scheitern – wenn sie nicht verteidigt und gelebt wird.

Gerade deshalb ist es so wichtig, junge Menschen früh für demokratische Werte und globale Verantwortung zu sensibilisieren. Carola Flor von EIL Ecuador sagt dazu:

“International exchange programs serve as one of the key mechanisms through which we can safeguard these values, ensuring that they remain relevant and vibrant for future generations.”

Die politische Lage weltweit

Aber nicht nur Deutschland orientiert sich nach rechts. Unsere Partner weltweit beobachten ähnliche Tendenzen, aber sehen im internationalen Austausch eine Chance, dem etwas entgegenzusetzen.

Wir alle sollten uns mit dafür verantwortlich fühlen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Demokratie ist mehr als nur eine Regierungsform, sie findet schon im Kleinen statt und braucht Menschen, die sich für sie einsetzen.

Oliver Kontram von ASSE Estland sieht gleichzeitig Hoffnung in zukünftigen Generationen:

“Exchange students as real ambassadors take back a lot of new perspectives as well as understanding and tolerance towards different cultures. This has a positive impact on the whole society and with with more tolerance and understanding, the real values of democracy.  They are the potential leaders of the future and can safeguard the values the free world and democracy represents.”

Wie Austauschprogramme Demokratie stärken können

Demokratie beginnt bei Menschen

Wir sagen oft, als Austauschorganisation setzen wir uns für den Frieden ein. Das klingt im ersten Moment vielleicht etwas hochgegriffen, aber wenn es heißt, dass Demokratie schon im Kleinen beginnt, bei jeder*m einzelnen von uns, dann wird auch ersichtlich, was Austauschprogramme bewirken können.

Was kann man globalen Krisen und gesellschaftlichen Spannungen entgegensetzen? Unsere Antwort lautet: Begegnung. Bildung. Austausch.

Internationale Austauschprogramme bringen Menschen aus verschiedenen Kulturen und Lebenswelten zusammen – und genau darin liegt ihre demokratische Kraft. Sie fördern Empathie, Dialogfähigkeit und die Fähigkeit, Unterschiede nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu sehen.

Denn genau darin liegt auch ihre politische Wirkung: “International exchange programs play a crucial role in preserving democratic values by fostering cross-cultural understanding,promoting global collaboration, and strengthening democratic principles.”, sagt Martine Mangion von CIEE. Diese Wirkung ist kein Zufall, sondern ein zentrales Ziel internationaler Bildungsarbeit.

Anna M. Tessitore von Experiment Italien unterstreicht:

“Through our programs, we promote values of respect, tolerance and openness towards the world, convinced that only through direct contact with different cultures can we contribute to building a future of peace and cooperation.”

Welche demokratische Macht liegt im Austausch?

Diese Wirkung ist kein Zufall, sondern ein zentrales Ziel internationaler Bildungsarbeit. Carye Duffin von CIEE in den USA beschreibt Austauschprogramme daher als ein politisches Instrument im besten Sinne:

“Exchange programs like BridgeUSA serve as soft-power tools that reinforce democratic norms by empowering individuals with firsthand experiences of democracy in practice.”

Doch es geht nicht nur um Demokratie als System – sondern auch um das, was sie im Alltag bedeutet: Offenheit, Mitgefühl, die Fähigkeit zum Perspektivwechse, wie Andrea Franzoi von Intercultura in Italien sagt:

“By allowing young people to live and learn across cultures, [exchange programs] help develop empathy, critical thinking, and a sense of shared humanity. These experiences foster open-minded citizens who value diversity and actively contribute to democratic life. In this sense, exchanges are not just educational — they are democratic acts.”

Diese Ansicht teilen wir mit all unseren Partnerorganisationen. Ana Eseverri Mayer von Pandora in Spanien betont die Bedeutung interkultureller Erfahrungen für eine neue Generation, die Frieden nicht nur will, sondern versteht:

“Positive experiences in environments completely different from our own origins develop understanding, empathy, respect, and a sense of common good. Now, more than ever, we should promote agreements and programs with countries like Israel, Palestine, and countries in the Middle East and North Africa, the US, China… to strengthen a youth movement that desires and understands peace and creates alliances and ties to promote it, both internally and externally.”

Besonders jetzt ist Austausch wichtiger denn je!

Gerade wenn man nicht einer Meinung ist und sich voneinander entfernt, lohnt es sich, in den Dialog zu gehen. Das gilt in vielen Bereichen und so auch im interkulturellen Austausch. Wenn wir die Demokratie und den Frieden schützen wollen, bringt es nichts, nur mit denen zu sprechen, die ohnehin unserer Meinung sind. Wir müssen auch – und vor allem – mit denen sprechen, die die Dinge anders sehen. Wir müssen fragen, warum das so ist und zuhören, bevor wir unsere Meinung sagen. Das ist nicht immer einfach, aber es ist wichtig, um verhärteten Fronten die Möglichkeit zu geben, aufzuweichen.

Auch in der Slowakei sieht man, wie junge Menschen sich durch Austausch aktiv gegen die Rückkehr vergangener Denkmuster stellen. Maria Kovacs von InterStudy schreibt:

„Nur wer die Sprache des Fremden lernt, hebt die Fremdheit auf. […] Dass die Zahl derer, die an solchen Programmen teilnehmen möchten, wächst, zeigt uns auch, dass der Wunsch nach individueller Freiheit, Wohlstand und Frieden größer ist als jener ewiggestrige engstirnige Hochmut, der dazu führen kann, dass die Gespenster der Vergangenheit wieder auferstehen.“

Wie Austausch uns nachhaltig prägt

Und was bleibt nach dem Austausch? Nicht nur persönliche Erinnerungen, sondern tiefgreifende Veränderungen – bei den Teilnehmenden selbst, aber auch bei den Menschen, denen sie begegnen. Kelli Jones von ERDT in den USA bringt es auf den Punkt:

“The real takeaways are not only the transformation of the students into citizens that value mutual understanding, trust, and shared values across borders, but also the ‘exchange’, and the impact they have on the people they come in contact with. That is what the true promotion of peace and understanding looks like.”

Austauschprogramme wirken nicht spektakulär, aber sie wirken nachhaltig. Sie sind ein starkes Gegenmodell zu Polarisierung und Ausgrenzung. Und sie geben der Demokratie das, was sie am dringendsten braucht: Menschen, die mit offenem Herzen und klarem Verstand für sie einstehen.

Diese Wirkung erleben wir täglich: in bewegenden Erfahrungsberichten, in tiefen Freundschaften, die über Ländergrenzen hinweg entstehen – und in dem Moment, wenn jemand sagt: „Das hat mein Leben verändert.“

Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand für zehn Monate in den Schüleraustausch geht, für ein Vierteljahr einen Freiwilligendienst absolviert, die eigene Tür öffnet, um die Welt als Gastfamilie willkommen zu heißen oder erst einmal die Ferien nutzt, um den eigenen Horizont zu erweitern. Jeder Schritt über den eigenen Tellerrand hinaus ist ein Schritt Richtung Offenheit und Demokratie.

80 Jahre Kriegsende – Wie geht es weiter?

„80 Jahre Kriegsende“ sind nicht nur ein historisches Jubiläum, sondern eine Mahnung. Wir merken aktuell mehr denn je, dass Frieden und Demokratie keine Selbstverständlichkeiten sind. Sie sind Errungenschaften, die von uns verteidigt und weitergegeben werden müssen – immer wieder neu und über Generationen und Ländergrenzen hinweg.

Die Geschichte hat uns gelehrt, was passieren kann, wenn die Demokratie scheitert. Aber sie zeigt auch, welche Kraft in Zusammenarbeit, Dialog und Bildung steckt. Heute stehen wir erneut an einem Scheideweg – und haben die Chance, uns aktiv für eine offene, freie Gesellschaft zu entscheiden.

Demokratie braucht Begegnung

Austauschprogramme leisten dazu einen konkreten Beitrag. Sie bauen Brücken, wo Mauern entstehen könnten. Sie stärken gegenseitiges Verständnis, wo Misstrauen wächst. Und sie helfen jungen Menschen, die Welt – und ihren Platz darin – mit neuen Augen zu sehen.

Gerade in Zeiten von Unsicherheit und Polarisierung braucht es diese Erfahrungen mehr denn je. Denn wer ein anderes Land wirklich erlebt hat, wer anderen mit Respekt und Neugier begegnet ist, wird sich später auch im eigenen Land für Verständigung einsetzen.

Oder wie es Petr Kostohryz von AFS Tschechien formuliert:

“The idea of making one’s ‘in-group’ as global as possible is core to international exchange programs and, importantly, is proven to work. […] Cooperation is more conducive to prosperous and peaceful life than competition.”

Macht mit und schützt unsere Demokratie!

Die Demokratie lebt von Begegnung. Und jede Begegnung kann ein Anfang sein. Austauschprogramme sind mehr als Reisen – sie sind Brücken, die wir bewusst bauen. In einer Zeit, in der Ausgrenzung und Misstrauen wachsen, setzen wir bei Experiment auf Offenheit, Miteinander und gegenseitiges Verstehen. Ob als Gastfamilie, im Schüleraustausch, im Freiwilligendienst, in einem Kurzzeitprogramm oder als engagierte Unterstützer*in unserer Mission – jede*r kann Teil dieser Bewegung sein.

Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass 80 Jahre Kriegsende nicht nur ein historisches Datum bleiben, sondern ein Auftrag für unsere Zukunft. Wir glauben an die Kraft der Begegnung. Und wir wissen: Wir können etwas bewegen – und dafür brauchen wir Euch!

 

Bettina Wiedmann & Svenja Kopp

Die vollständigen Aussagen unserer Partner*innen zum Thema 80 Jahre Kriegsende und Demokratie haben wir in diesem PDF gesammelt.

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