60 Jahre Élysée-Vertrag – Kathrins deutsch-französischer Lebenslauf
Zur Feier des 60.-jährigen Bestehens des Élysée-Vertrags starten wir eine Blog-Reihe mit Frankreich-Geschichten von Experimenter*innen oder Wissenswertes rund um unser Nachbarland Frankreich. Kathrins deutsch-französischer Lebenslauf macht den Start.
Kathrins deutsch-französischer Lebenslauf
Die Deutsch-Französische Freundschaft begleitet mein Leben nun schon sehr lange. Hätte ich das meinem 14-jährigen Ich erzählt, hätte es mich wohl nur ungläubig angeschaut – Vokabel lernen war mir immer ein Graus und den Französischunterricht habe ich immer eher schlecht als recht hinter mich gebracht.
Mein Weg zum Schüleraustausch nach Frankreich
Mein Interesse an Frankreich wurde mit dem einwöchigen Austausch mit der Schule geweckt, kam aber erst richtig in Fahrt als ich mich für den längeren Schüleraustausch interessierte.
Ich merkte schnell – Frankreich, das ist mehr als nur Vokabel-Lernen, das ist ein ganzes Land, mit lebendigen Menschen, mit gutem Essen und wunderschöner Landschaft und für mich persönlich wird Frankreich auch immer Crêpe mit Salzkaramell sein.
Meine Gastfamilie
Vor 13 Jahren, um diese Zeit habe ich von Experiment meine Einladung zum Vorbereitungsseminar bekommen und in ein paar Monate später folgte die langersehnte Information zu meiner Gastfamilie. Für mich sollte es in die Bretagne gehen, in die Nähe von St. Malo in einen kleinen verschlafenen Ort.
Dort lebten meine Gasteltern, mit ihren zwei Töchtern, vier Hennen und einem kleinen Hund. Die Familie hatte schon sehr oft Gastkinder aufgenommen und für sie gehörte ein internationaler Gast einfach zum Leben dazu.
Schnell wurde ich Teil der bunten, etwas chaotischen Familie und bekam Einblicke sowohl in eine andere Familie als auch in eine andere Kultur, mit einer anderen Sicht auf die Dinge. Auch meine Gastfamilie lernte wahrscheinlich, dass deutsche Teenager nicht immer pünktlich und ordentlich sind.
Frankreich ließ mich nicht los
Als ich nach einem halben Jahr dann meine Koffer packen musste, hatte ich nicht nur die französische Sprache gelernt, sondern auch viele enge Freundschaften geschlossen und eine zweite Familie gefunden.
Dank der zusätzlichen Reisetasche, gefüllt mit bretonischen Köstlichkeiten und der neugewonnenen Kombination aus rheinischem Optimismus bzw. Übermut und französischer Gelassenheit verpasste ich obendrein noch meinen Zug in Paris und blieb noch ein paar Stunden länger in Frankreich, das Land ließ mich scheinbar nicht so schnell los …
Mein Schülerpraktikum in Frankreich
Und so war es auch, denn schon ein Jahr später zog es mich wieder zurück und ich konnte bei der Partnerorganisation von Experiment – CEI Club de 4 vents, ein Schülerpraktikum absolvieren. CEI und Experiment sind Teil der Federation „The Experiment in International Living“ und entsenden seit Jahrzehnten Schüler*innen in die beiden Länder und weltweit.
Für mich ein besonders toller Einblick hinter die Kulissen einer Austauschorganisation, ich lernte neben den administrativen Aufgaben, dass mir meine Bilingualität auch in der Arbeitswelt helfen konnte, beispielsweise bei Übersetzungen. Ich konnte außerdem durch die Bewerbungen neuer Schüler*innen jeden Tag meine eigene Auslandserfahrung Revue passieren lassen und erhielt erste Einblicke in den französischen Büroalltag, bei dem beispielsweise die einstündige gemeinsame Mittagspause absolutes Pflichtprogramm war.
Mein Studium in Frankreich
Nach der Schule zog es mich wieder zurück nach Frankreich und auch das Übersetzen lies mich nicht los. Ich schrieb mich für einen binationalen Studiengang ein und studierte nochmals zwei Jahre in Paris. Als Studentin in Paris konnte ich unter anderem tiefer in die französische Kultur eintauchen, von den vielen Theatern, Konzerten und Museen profitieren, die mich als Teenagerin noch nicht sonderlich interessiert hatten.
Trotz meiner wunderbaren WG erlebte ich aber auch, was der Schüleraustausch der Erfahrung nach der Schule voraushatte – das Leben in der Gastfamilie, das Eintauchen in den Alltag einer französischen Familie und der viel leichtere Kontakt zu französischen Schüler*innen, die am Ende echte Freund*innen geworden waren, wohingegen ich an der Uni den meisten Kontakt zu den internationalen Studierenden hatte. Natürlich besuchte ich also in den Semesterferien nicht nur meine Familie in Deutschland, sondern auch meine Gastfamilie in St. Malo.
Mein Weg zu Experiment
Dass ich nach dem Studium dann als hauptamtliche Mitarbeiterin bei Experiment gelandet bin, ist nach dem Schnelldurchlauf durch meinen Deutsch-Französischen Lebenslauf aus heutiger Sicht wohl das logische Resultat. Neben vieler anderer Partnerorganisationen freute es mich sehr auch den Kontakt zu den Mitarbeiter*innen von CEI wiederzufinden, nur eben von der wieder anderen Seite.
Wie bereits im Praktikum, kann ich durch unsere Teilnehmenden heute meine eigene Erfahrung jeden Tag Revue passieren lassen, teilen und jüngere Menschen ermutigen ihre eigene Erfahrung im Ausland zu machen.
Sowohl bei der Arbeit als auch im Alltag und im Umgang mit Neuem oder vermeintlich anderen Perspektiven, habe ich auch heute, 13 Jahre später, noch viele Situationen, in denen ich von meiner Erfahrung als Teenagerin in Frankreich profitiere.
Ich habe nicht nur die Liebe zu einem Land, einer Sprache und einer Kultur gewonnen, ich habe auch viel über mich selbst gelernt. Ich denke also auch heute noch gerne an die für mich so prägende Erfahrung zurück, am liebsten mit einem Crêpe mit Salzkaramell in der Hand.
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