Als eines ihrer Kinder einen Schüleraustausch macht, beschließt Familie Tamme, ebenfalls einen Austausch zu machen – nur andersrum. Mit einer Gastschülerin aus Frankreich wird der Familienalltag auf den Kopf gestellt und es beginnt ein Abenteuer, das zeigt: Austausch ist auch in den eigenen vier Wänden möglich. Auf unserem Blog berichten sie von ihren Erfahrungen als Gastfamilie.

Die Vorbereitung auf unsere Zeit als Gastfamilie

Da eine unserer Töchter derzeit ein Schuljahr im Ausland verbringt, haben wir letztes Jahr beschlossen, während dieser Zeit selbst Gastfamilie zu werden. Wir, das sind „Mama“ Mandy, mein Mann Frank, meine jüngste Tochter Mieke (12) sowie die älteste, Klara (18), die nicht weit entfernt bei ihrem Vater wohnt und häufig bei uns zu Gast ist, oft gemeinsam mit ihrem Freund Christian.

Nach unserer Bewerbung bei Experiment erhielten wir sehr schnell die ersten Bewerbungen von Gastschülerinnen. Als wir diese gemeinsam mit unserer jüngsten Tochter anschauten, stand schnell fest, dass wir gern eine Gastschülerin aus Frankreich, Camille, bei uns aufnehmen möchten. Sie war uns bereits in ihrer Bewerbung und dem kurzen Vorstellungsvideo auf Anhieb sympathisch und wirkte sehr offen, unkompliziert und humorvoll.

Unsere Gastschülerin aus Frankreich

Nachdem die erforderliche „Bürokratie“ erledigt war, konnten wir, schon 4 Monate vor Anreise, Kontakt zu Camille aufnehmen, was von Anfang an tatsächlich sehr unkompliziert war. Erleichtert wurde das dadurch, dass sie bereits sehr gute Deutschkenntnisse besaß. Wir haben ihr im Vorfeld einige Fotos gesandt, damit sie schon ein wenig davon sieht, was sie hier erwartet, zum Beispiel ihr Zimmer.

Sie war schon sehr gespannt und aufgeregt, sodass sie allerlei Fragen hatte, die wir ihr natürlich beantwortet haben, damit sie sich gut vorbereitet fühlt. Wir haben vor Camilles Anreise mit der Schule bereits Dinge wie Schülerfahrkahrte und Schulbuchausleihe geklärt, zu Hause gab es dagegen nicht viel vorzubereiten, da ein freies Zimmer auf Camille gewartet hat.

Unsere Gastschülerin aus Frankreich kommt

Und dann war es soweit: Camille ist nach Deutschland gereist. Zuerst zum Vorbereitungsseminar nach Frankfurt und am 3. September 2021 weiter zu uns. Sie ist mit zwei weiteren Gastschülerinnen in Oldenburg aus dem Zug ausgestiegen, wo wir am Bahnhof schon die anderen Gastfamilien an ihren Willkommensplakaten erkannt hatten. Die Aufregung war auf unserer Seite genauso groß wie auf ihrer, ist aber schnell verflogen, als wir bereits auf der Autofahrt nach Hause gut ins Gespräch gekommen sind und sich auch schnell zeigte, dass unser Eindruck von ihrer Bewerbung richtig war.

Zu Hause haben wir ihr alles gezeigt und erklärt, und dann ging es los, das neue Familienleben mit einer Gastschülerin im Haus. Und es ging recht turbulent los, denn am Tag nach der Anreise haben wir ihr auf einer Fahrradtour die Gegend gezeigt, die in den nächsten Monaten ihr Zuhause sein wird, und einen Tag später war schon ihr erster Schultag in Deutschland. Gleich in ihrer ersten Schulwoche unternahm unsere Schule einen Ausflug mit allen Klassen in den Serengeti-Park Hodenhagen, was für Camille eine gute Gelegenheit zum Vertiefen erster Bekanntschaften mit ihren Mitschüler*innen war.

Schule

Dank ihrer guten Deutschkenntnisse und Aufgeschlossenheit ist sie von Anfang an offen auf ihre Mitschüler*innen zugegangen und hat schnell Freundschaften geschlossen, wenngleich sie mit ihrer Klasse nicht so zufrieden war und die meisten Freundinnen in einer Parallelklasse fand. Mit den Lehrkräften ging es ihr wie unseren eigenen Töchtern auch: einige mochte sie sehr, andere weniger. Auf jeden F all war es immer sehr amüsant, wenn sie mittags nach der Schule ausgiebig von Unterricht und Pausen berichtete.

In unserer Schule sind Gast- und Austauschschüler*innen keine Seltenheit, sodass sowohl Lehrer:innen als auch Mitschüler:innen prima „mitgespielt“ haben und alles sehr unkompliziert war.

Reisen als Gastfamilie

In der Freizeit hatte sie, neben ihrer Teilnahme an der Schülerzeitungs-AG in der Schule, recht schnell die ersten Verabredungen mit Freundinnen, und wir haben als Familie auch so einiges miteinander unternommen.

Wir reisen gern und sind deshalb gleich nach der ersten Schulwoche hier in Deutschland mit Camille und unserem Wohnwagen für ein Wochenende in die Lüneburger Heide gefahren. In den Herbstferien sind wir mit ihr zunächst eine Woche nach Eisenach gereist, wo wir ihr einiges von der Thüringer Landschaft und Geschichte zeigen konnten. Danach ging es für eine Woche zu meiner Familie nach Dresden, wo es natürlich auch einiges zu zeigen gab, Klara und Camille es aber auch genossen haben, allein loszuziehen, zum Beispiel zum ausgiebigen Shoppingbummel.

Bei meinen Eltern hat es Camille auch sehr gut gefallen, so dass sie dort jetzt auch ein Familienmitglied ist und jederzeit wieder herzlich willkommen.

Das alltägliche Familienleben

An den Wochenenden haben wir gemeinsam die nähere Umgebung erkundet und haben zum Beispiel ein Drachenfest an der Nordsee besucht und auch selber Drachen steigen lassen, und in der Adventszeit haben wir einige Weihnachtsmärkte besucht. Nachdem wir ein sehr schönes Weihnachtsfest mit Camille verbracht haben, hat sie für ein paar Tage eine andere Gastschülerin in deren Gastfamilie besucht, mit der sie sich beim Kennenlerntreffen in Frankfurt und dem Wochenendseminar in Magdeburg angefreundet hatte.

Schlussendlich war dann unsere gemeinsame Silvesterfeier gleichzeitig schon die Abschiedsparty, denn am 1. Januar musste Camille leider schon zurück nach Frankreich reisen – drei Wochen früher als geplant, da eine Prüfung in ihrer französischen Schule anstand.

Die französische Schule ist leider ein eigenes Thema: Wir hatten bereits als unsere mittlere Tochter an einem Schüleraustausch teilnahm, die Erfahrung gemacht, dass die französische Austauschschülerin hier sehr viel für die französische Schule mitarbeiten musste. So war es leider auch bei Camille. Sie hatte wahnsinnig viele, zum Teil sehr aufwendige Aufgaben für ihre Schule daheim zu bewältigen, sogar Pflicht-Videokonferenzen mit Lehrern am späten Abend. Das erschwert die Integration hier sehr, denn oft ist für Familienleben oder andere außerschulische Aktivitäten keine Zeit.

Mit der Gastschülerin aus Frankreich

Ansonsten hatten wir aber eine sehr schöne und sicher für alle sehr bereichernde Zeit miteinander. Wir haben viel Zeit mit Spielen, Unterhalten, gemeinsam Filme schauen usw. verbracht und wirklich viel Spaß zusammen gehabt. Sicher gab es auch mal Dinge, die es anzusprechen galt, aber dadurch, dass Camille zum einen sehr gut Deutsch konnte und zum anderen sehr aufgeschlossen war, war das unkompliziert.

Und dass Camille es von daheim gar nicht kannte, im Haushalt mitzuhelfen, hat uns zunächst verwundert, allerdings erklären die langen Schultage in Frankreich, dass es auch kaum Gelegenheit dafür gibt. Hier bei uns haben wir es so gehandhabt, dass wir die Dinge, bei denen wir gern ihre Hilfe gehabt hätten, klar angesprochen haben. Außerdem hat die Tatsache, dass sie in Haushaltsdingen ungeübt war, auch für einige Erheiterung gesorgt, denn sympathischerweise ist Camille ein Mensch, der auch gut über sich selbst lachen kann, zum Beispiel wenn sie sich versehentlich 6 Portionen Reis gekocht hat, weil der Reis in der Tüte so klein aussieht.

Wie geht es für uns weiter?

Alles in allem können wir sagen, dass wir sehr froh sind, uns überhaupt für eine Gastschülerin und speziell für Camille entschieden zu haben. Das war ganz sicher nicht unsere letzte Erfahrung dieser Art, nur direkt im Anschluss hätte sich nicht richtig angefühlt, da Camille sehr zu einem Familienmitglied geworden ist, das man nicht einfach sofort ersetzen kann. Aber egal, wer da künftig noch zeitweise zu unserer Familie dazustoßen wird – Camille wird auf jeden Fall ein Teil unserer Familie bleiben und wir freuen uns, dass sie schon überlegt, uns im Sommer direkt wieder zu besuchen.

 

Übrigens: In Folge 6 unseres Podcasts “Austauschzeit” beschreibt Gastmutter Nicole ihre bisherigen Erfahrungen als Gastfamilie. Jetzt hier reinhören!

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